Gastkommentar: Freie Fahrt für Hasskriminalität?

Josef Schuster ist seit 2014 Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Er wurde 1954 in Haifa in Israel geboren und lebt seit 1956 in der väterlichen Heimat Unterfranken. Er studierte Medizin in Würzburg und ließ sich dort 1988 als Internist mit einer eigenen Praxis nieder, die er bis 2020 führte.
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat wird an diesem Mittwoch über die Neuregelung des Bestandsdatenauskunft-Gesetzes beraten. Was zunächst technokratisch klingt, ist leider die ganz reale Fortführung eines legislativen Trauerstücks, das so niemals hätte aufgeführt werden dürfen.
Denn der Streit um die Weitergabe von Daten der sozialen Plattformen blockiert ein Gesetzespaket, das Hasskriminalität und Rechtsextremismus bekämpfen soll. Für die Betroffenen von rechtem Hass und rechter Gewalt ist das nicht mehr nachvollziehbar.
Als im Oktober 2019 ein Rechtsterrorist versuchte, an Jom Kippur einen massenmörderischen Anschlag auf die Synagoge in Halle zu verüben und zwei Menschen erschoss, war das Entsetzen groß. Wenige Monate zuvor erst hatte ein Rechtsextremist den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ermordet. Beide Gräueltaten versetzten die Republik in einen Schockzustand.
Dabei war es weder die erste Attacke auf einen Politiker noch der erste versuchte Anschlag auf eine Synagoge. 2015 etwa hatte ein Mann Henriette Reker angegriffen, die damals für das Amt der Kölner Oberbürgermeisterin kandidierte. Der Täter kam aus dem rechten Spektrum, nannte als Tatmotiv Rekers „flüchtlingsfreundliche“ Politik und verletzte sein Opfer mit einem Messer lebensgefährlich. Solche Verbrechen stehen in einer langen Tradition.





