Gastkommentar – Global Challenges: China könnte als der erste Dominostein im globalen Finanzsystem fallen – und damit große Verwerfungen auslösen
Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und Professor für Makroökonomie an der Berliner Humboldt-Universität.
Selten war die wirtschaftliche Zukunft so schwer vorherzusehen wie in der Coronakrise. Zu viele Unwägbarkeiten und mangelnde Erfahrung im Umgang mit Pandemien erleichtern es Politik und Wissenschaft nicht gerade, die Risiken in ihrer Tragweite richtig einzuschätzen und ihnen vorzubeugen. Obwohl und gerade weil das so schwierig ist, muss die Politik sich besser als bisher auf solche Risiken vorbereiten.
Eines der am meisten unterschätzen Risiken in den kommenden zwei Jahren könnte eine weltweite Finanzkrise sein, vor allem in Schwellenländern wie China. Gerade weil die Pandemie alle Aufmerksamkeit bündelt, werden die steigenden Risiken für das Finanzsystem zu einem blinden Fleck.
Zwar warnen internationale Organisationen vor zunehmenden Finanzrisiken in Schwellen- und Entwicklungsländern – und haben Erleichterungen der Finanzierung und ein partielles Schuldenmoratorium durchgesetzt –, aber dieses Risiko ist viel größer, als viele ahnen.
Drei Faktoren haben die Wahrscheinlichkeit einer regionalen oder gar einer systemischen Finanzkrise deutlich erhöht: Zahlreiche Unternehmen stehen durch die Pandemie am Rande ihrer Existenz, das könnte zu Kreditausfällen und Problemen für das Finanzsystem führen.