Gastkommentar: Lasst uns als Generation Y der Gen Z ein Vorbild sein
Zurzeit gehen die Meinungen und Ansichten in der Gesellschaft und Arbeitswelt zum Leistungsprinzip weit auseinander. In Deutschland standen wir einst immer für beste Qualität – Slogans wie „Leistung aus Leidenschaft“, „Vorsprung durch Technik“ oder „Das Beste oder nichts“ waren präsent und prägten sich in die Köpfe bis heute ein. Aber: Wo stehen wir heute und wie leistungsbereit sind wir als Gesellschaft tatsächlich?
Vorbilder sind heutzutage Unternehmerinnen und Netzwerkerinnen, die nahbar und authentisch sind
Die Veränderung der Arbeitswelt in Deutschland zieht sich zum aktuellen Zeitpunkt über alle Generationen hinweg. Die Millennials kommen gerade ans Steuer und sehen, dass Babyboomer sowie die Generation Z meist völlig verschiedene Ansichten zum Leistungsprinzip haben. In unseren Arbeitsstrukturen treffen Welten aufeinander, die mit Trends völlig unterschiedlich umgehen.
Mein Vorschlag: Lasst uns als Generation Y Vorbilder sein und eine Moderationsfunktion einnehmen. Vorbilder sind heutzutage Unternehmerinnen und Netzwerkerinnen, die nahbar, authentisch und sichtbar sind und auf diese Weise der Gesellschaft Mut und Hoffnung schenken. Online können Botschaften zwar kommuniziert, transportiert und verlängert werden, allerdings entsteht Innovationskraft oftmals dann, wenn Menschen in den persönlichen Austausch treten – sei es bei Kongressen oder anderen Großevents.
Auch in der jüngsten Generation gibt es viele Leistungsträger, die heute allerdings noch einmal mehr einfordern, um dann erst zu leisten. Hier steht das Prinzip „Leistung durch Sinn“ im Vordergrund. Und das ist nicht der oft zitierte „Klimaretter-Aspekt“, sondern eher Punkte wie Teamspirit oder Gemeinschaftsgefühl.
Alle Generationen müssen sich in einer Welt von „Vuca“ (volatil, unsicher, komplex, ambivalent) zu „Bani“ (brüchig, ängstlich, nicht-linear, unverständlich) entwickeln und in einer sich schnell verändernden Umgebung lernen, zum Markt hin und auf Kunden konzentriert über datengestützte Analyse zu reagieren. Das benötigt eine sehr flexible, dynamische Führung, um den Innovationen und Fortschritten gerecht zu werden.
In Asien wollen die jungen Menschen den sozialen Aufstieg und deswegen auch Mehrarbeit leisten
Das altpatriarchalische System funktionierte 60 Jahre gut, da es eher verteidigt, beschützt und bewahrt hat. Die wertvollsten Unternehmen in Deutschland und den USA haben genau dies getan und waren damit erfolgreich. Doch die innovierenden Firmen wie Tesla, die sich in einem fortwährenden Entwicklungsprozess befinden, haben mit ihrer Dynamik gezeigt, dass auch neue Modelle Erfolg bringen können.
Die Weiterentwicklung von innovativen Geschäftsmodellen kann heute schon frühzeitig Wettbewerbsdruck nehmen oder zumindest verkleinern und eine Risikodiversifizierung herstellen. Auch der Blick ins Ausland hilft, um dazuzulernen und sich als Firma weiterzuentwickeln. Es ist ein absoluter Vorteil zu wissen, wie in anderen Ländern Gesellschaften und Kulturkreise generationenübergreifend arbeiten, leben und Innovationen vorantreiben.
Vergleicht man beispielsweise die Generation Z in Deutschland mit ihrer Forderung nach weniger oder flexiblerer Arbeitszeit und die gleiche Generation in Asien, werden völlig andere Tendenzen und Forderungen offensichtlich: In Asien möchten die jungen Menschen Mehrarbeit leisten. Sie sind hungrig und wollen den sozialen Aufstieg. Der Wohlstand muss durch Leistung erreicht werden und dafür sind sie bereit, die Extrameile zu gehen.
Möglicherweise sind wir hierzulande in der breiten Fläche tatsächlich zu „satt“. Der einzig verfügbare Hebel scheint daher, Stunden zu reduzieren, da Gehälter kaum erhöht werden können, oder die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden zu verbessern – also wieder Leistung durch Sinn, durch Wertschätzung und die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit zu erzielen.
Unsere Aufgabe muss es sein, mit gesundem Mittelmaß eine gesunde Arbeitswelt herzustellen. Das bedeutet, die Interessen aller Generationen mit einzubeziehen und fair zu gestalten: nämlich den sozialen Ansprüchen der Gen Z gerecht zu werden, die familienfreundliche Arbeitsoptionen für Mütter und auch Väter herzustellen oder die Gleichberechtigung der digitalen Teilhabe und die damit einhergehende Barrierefreiheit des digitalen Raums zu schaffen. Und nicht zuletzt auch die Pflegezeit von Familienmitgliedern in unserer immer älter werdenden Generation einzubeziehen und neu zu denken.
Das geschieht durch die angesprochene Moderationsfunktion, sodass kompatible Lösungen für alle Generationen entstehen und das Beste aus jedem Einzelnen geschöpft wird. Deutschland steht für Exzellenz, Premiumprodukte und Performanz – genau wie es die anfangs erwähnten Werbesprüche der großen Unternehmen zeigen. Es ist unsere Herausforderung und Aufgabe, Wandel rechtzeitig zu erkennen und in positiver Form zuzulassen.
Die Autorin: Christina Diem-Puello ist Präsidentin des Verbands der Unternehmerinnen (VdU) und Gründerin der Deutschen Dienstrad.