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GastkommentarSo nutzen Unternehmen Start-up-Technologien schnell und flexibel

Hartnäckig hält sich der Glaube, dass die Zusammenarbeit mit Start-ups hohe Investitionen erfordert. Ein Irrtum, meint Tobias Gutmann – und weist auf eine kostengünstigere Alternative hin. 18.08.2024 - 16:59 Uhr Artikel anhören
Tobias Gutmann ist Assistant Professor of Product Innovation an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden und Partner bei Pexus Ventures. Foto: REUTERS, privat

Etablierte Unternehmen haben oft Schwierigkeiten mit Innovationen. Sie experimentieren selten allein und überraschen kaum mit bahnbrechenden Ideen. Stattdessen öffnen sie ihre Innovationsprozesse – bekannt als Open Innovation. Dennoch leiden viele unter dem sogenannten Not-Invented-Here-Syndrom (Ideen von außerhalb des eigenen Hauses werden grundsätzlich abgelehnt) und haben ein Immunsystem entwickelt, das neue Ideen, kreative Ansätze und Out-of-the-Box-Denken blockiert.

Start-ups bieten Innovationen, die für etablierte Unternehmen oft unerreichbar sind

Ein dramatisches Beispiel ist die Geschichte von Siemens und Cisco in den 1980er- und 1990er-Jahren. Siemens lehnte Ciscos Idee der digitalen Telefonie ab und setzte auf eine weniger zukunftsträchtige Technologie. Siemens sah sein milliardenschweres Kommunikationsgeschäft dahinsiechen, während Cisco, einst ein Start-up, zu einem Weltmarktführer aufstieg.

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Diese Geschichte unterstreicht das immense Potenzial von Start-ups. Sie fungieren als Fernrohr in die Zukunft und bieten Innovationen, die für etablierte Unternehmen oft unerreichbar sind.

In den vergangenen Jahren haben das viele Unternehmen eingesehen und einiges ausprobiert. Fast alle haben sich mit kostspieligen Acceleratoren, impact-freien Intrapreneurship-Programmen und hippen Hackathons die Finger (und auch enorm viel Geld) verbrannt. Der Geduldsfaden ist gerissen und die Ära des „Innovationstheaters“ ist nun vorbei. Jetzt wird nach neuen, effizienteren und wirkungsvolleren Wegen zur Innovation gesucht – insbesondere mit Start-ups.

Venture Clienting bedeutet, dass Unternehmen direkte strategische Vorteile erlangen können

Es hält sich jedoch hartnäckig der Irrglaube, dass die Zusammenarbeit mit Start-ups erhebliche finanzielle Investitionen erfordert. Corporate Venture Capital (CVC) – wenn Unternehmen Eigenkapitalinvestoren in Start-ups spielen – ist zwar eine gängige Strategie, aber nicht die einzige. Tatsächlich sind die globalen CVC-Aktivitäten im Vergleich zu den Höchstständen im Jahr 2021 deutlich zurückgegangen, und viele Unternehmen (darunter ZF aus Friedrichshafen und Verizon aus New York City) haben sich sogar ganz zurückgezogen. Es gibt jedoch eine leichter zugängliche und kostengünstigere Alternative: Venture Clienting!

Venture Clienting bedeutet, dass Unternehmen Produkte, Technologien oder Lösungen von Start-ups kaufen und einsetzen, um direkte, strategische Vorteile zu erlangen. Der Schlüssel liegt darin, dass diese oft noch in den Anfangsphasen sind und durch die Kooperation weiterentwickelt werden können. Somit ist das Unternehmen kein Investor oder Wagniskapitalgeber (Venture Capitalist), sondern ein Wagniskunde (Venture Client).

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Viele Unternehmen haben dies erkannt und dedizierte Venture Client Units eingerichtet. Bosch hat beispielsweise in einer Zusammenarbeit mit dem Start-up Rossum eine automatisierte Lösung für die Verarbeitung von E-Mail-basierten Bestellungen implementiert. Rossum’s KI-Technologie ermöglicht eine erhebliche Reduzierung von Fehlern und Effizienzsteigerungen im Bestellprozess. BMW nutzt die Plattform von AirConsole, einem Start-up, das eine innovative In-Car-Gaming-Lösung bietet. Die Besonderheit von AirConsole, das Smartphone als Spielcontroller zu verwenden, wurde in BMWs Autos integriert, was das Unterhaltungsangebot für Kunden erweiterte und BMW eine Vorreiterrolle sicherte.

Venture Clienting ist eine Partnerschaft, die durch Innovation allen Beteiligten schnell Erfolg und Gewinn ermöglicht.
Tobias Gutmann

Das Venture-Client-Modell ist mehr als nur eine alternative Beschaffungsstrategie. Es hilft Start-ups und Konzernen gleichermaßen. Für Unternehmen bietet Venture Clienting den Vorteil, schnell und flexibel auf neueste Technologien zugreifen zu können, und zwar ohne langwierige interne Entwicklungsprozesse und mit geringerem finanziellen Risiko. Auch ungelöste Probleme lassen sich möglicherweise so schneller in den Griff bekommen. Zudem können sie sich durch die Einführung dieses Modells als flexible und zukunftsorientierte Akteure positionieren, die bereit sind, externe Innovationen zu nutzen und zu fördern.

Start-ups profitieren von einer realen Testumgebung, einem großen Kunden und schnellem Feedback, was ihre Entwicklung beschleunigt und ihre Marktchancen verbessert. Zugleich haben sie die Chance zu beweisen, dass ihre Technologien markttauglich und konkurrenzfähig sind. So lassen sich dann auch für sie neue Kunden generieren.

Venture Clienting ist also eine Partnerschaft, die durch Innovation allen Beteiligten schnell Erfolg und Gewinn ermöglicht.

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Der Autor:
Tobias Gutmann ist Assistant Professor of Product Innovation an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden und Partner bei Pexus Ventures.

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