Gastkommentar: Tankrabatt und Übergewinnsteuer: Wir brauchen ein Transparenz-System, das Deutschland bereits hatte

In den 70ern wurden schon einmal Daten von allen in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Raffineriegesellschaften erfasst.
Gegenwärtig wird angesichts der Vermutung überhöhter Verbraucherpreise für Mineralölprodukte intensiv über die Einführung einer „Übergewinnsteuer“ diskutiert.
Sinnvoll wäre es, zunächst Transparenz über die Fakten herzustellen, bevor ein solcher Systemeingriff in die Besteuerung der Unternehmen einer einzelnen Branche in Erwägung gezogen wird. Dazu gibt es Möglichkeiten, von denen in den Energiekrisen der 1970er-Jahre Gebrauch gemacht worden war.
So hatte in der damaligen sozialliberalen Koalition das FDP-geführte Bundeswirtschaftsministerium in der Ölkrise 1973/74 mit der Mineralölindustrie auf freiwilliger Basis das „Nationale Informationssystem“ (NIS) zur Verbesserung der Information der Bundesregierung über den deutschen Ölmarkt vereinbart. Das zu dieser Zeit eingeführte System bestand im Wesentlichen aus zwei Teilen:
Seit 1974 wurde dieses System in konstruktiver Zusammenarbeit mit der Mineralölindustrie permanent an die sich wandelnden Anforderungen im nationalen und internationalen Bereich angepasst. Dazu gehörte die Einführung einer Übersicht zur Ergebnisrechnung der Unternehmen für den Bereich Mineralölverarbeitung und -vertrieb.

Der Autor ist Mitglied im Studies Committee des World Energy Council sowie Vorsitzender der Redaktionsgruppe Energie für Deutschland des Weltenergierats in Deutschland. Ende der 70er Jahre war er als Referent des Bundeswirtschaftsministeriums für das Informationssystems zur Kosten- und Ertragslage im Mineralölbereich (NIS) zuständig.
Diese Ergebnisrechnung umfasste sowohl eine Angabe der wesentlichen Kostendaten – dazu gehören neben den Kosten für Rohöl und importierte Mineralölerzeugnisse vor allem die Kosten für Halbfabrikate, Verarbeitung, im Inland zugekaufte Produkte, Verwaltung und Vertrieb – als auch die Nettoerlöse.
Ende der 70er bereitete ein unabhängiges Institut die Daten auf
Aus einer Gegenüberstellung von durchschnittlichem Nettoerlös und Selbstkosten konnte das wirtschaftliche Ergebnis abgeleitet werden, das sich bei positiver Differenz zwischen diesen beiden Größen als Gewinn und bei negativer Differenz als Verlust darstellt.
Zusätzlich zu den durchschnittlichen Margen über alle Mineralölprodukte wurden auch die zeitliche Entwicklung des Nettoerlöses der einzelnen Produkte sowie die der einzelnen Vertriebskanäle bei den verschiedenen Erzeugnissen nachvollziehbar. Diese Daten waren von allen in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Raffineriegesellschaften erfasst worden.
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Anfang 1979 hatte das Bundeswirtschaftsministerium eine Vereinbarung mit der Mineralölindustrie erzielt, die es ermöglichte, diese von den einzelnen Unternehmen gemeldeten Daten zur Kosten- und Ertragslage in aggregierter Form zu veröffentlichen.


Mit dieser Aufgabe war damals das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragt worden. Dieses unabhängige wissenschaftliche Institut hatte die Daten aufbereitet und kommentiert.
Damit konnte ein wichtiger Beitrag zur Erhöhung der Transparenz der Ertragssituation auf dem Mineralölmarkt für die Öffentlichkeit geleistet werden. Gleichzeitig hatte dieses System einer Überreizung bei der Preisgestaltung durch die Unternehmen wirksam entgegengewirkt.
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