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Gastkommentar Vorsprung ist der Erfolg von morgen

Gerade im Land der Autopioniere sollte Technologie nicht als Bedrohung, sondern als Chance wahrgenommen werden, meint Hildegard Wortmann.
12.07.2021 - 08:00 Uhr Kommentieren
Die Vorständin für Vertrieb und Marketing bei Audi setzt auf Vorsprung. Quelle: Audi
Hildegard Wortmann

Die Vorständin für Vertrieb und Marketing bei Audi setzt auf Vorsprung.

(Foto: Audi)

„Vorsprung durch Technik“: Dieser Slogan, 1971 erstmals in einer Anzeigen-Serie verwendet, war eine Revolution – und ein Versprechen, dem im Lauf von 50 Jahren zahlreiche Taten folgen sollten. Aus dem selbstbewussten, von einigen gar als anmaßend empfundenen Spruch wurde jedenfalls viel mehr als ein Marketingslogan. Vorsprung ist aus unternehmerischer Sicht bis heute neben Teamgeist, Mut, Leadership und Vertrauen in die eigene Leistung unverzichtbarer Bestandteil wirtschaftlichen Erfolgs – aber er ist kein Selbstzweck.

Vorsprung führt nur dann zu messbarem Erfolg, wenn er Menschen überzeugt. Fünf Jahrzehnte „Vorsprung durch Technik“ bieten Anlass zu Reflexion und Ausblick. Der Erfolgsfaktor Vorsprung hat von seiner Bedeutung nichts eingebüßt. Im Gegenteil: Er ist auch für Politik, Wirtschaft und die Gesellschaft von höchster Aktualität.

Erfolgreiche Unternehmen sind in Echtzeit im Dialog mit ihren Kund_innen. Was für Start-ups und Unternehmen mit digitalbasierten Geschäftsmodellen selbstverständlich sein dürfte, stellt etablierte Unternehmen zunächst oft vor große Herausforderungen. Dabei eröffnet uns die Digitalisierung über alle Branchen hinweg neue Möglichkeiten.

Mein Ziel ist es, Produkte, Händler_innen und Kund_innen intelligent miteinander zu vernetzen. Ich bezeichne dieses Erlebnis als „phygital“, das möglichst perfekte Zusammenspiel zwischen physischer und digitaler Welt. Bei der Entwicklung digitaler Plattformen oder Softwarelösungen müssen wir mutiger sein – heute mehr als je zuvor. Dazu wurden zum Beispiel im Volkswagen-Konzern die Kräfte gebündelt – wir wollen mit dem Gemeinschaftsunternehmen CARIAD nach SAP das zweitgrößte Softwareunternehmen in Europa werden.

Wer im Wandel vorangeht, kann Vorsprung erzielen. Von der kommenden Bundesregierung muss das Ziel eines innovativen Deutschlands mit neuer Zukunftskraft entwickelt werden. Visionen stiften Identifikation und schaffen Veränderungsbereitschaft, im Idealfall mit einer Begeisterung, die alle Bürger_innen und jedes Unternehmen erfasst – gerade für die Zeit nach Corona.

Offen sein für das Neue

Veränderungen fangen bei jedem Einzelnen an. Wer offen ist für das Neue, eröffnet sich die Chance auf Vorsprung. Gerade international erfolgreiche Digitalkonzerne wie Alibaba oder Google haben Transformation zu ihrem Lebenselixier gemacht. Es ist auch keine Frage des Alters, etwas Neues zu beginnen oder sich neu zu erfinden. Was für junge Firmen gilt, ist für Traditionsunternehmen anspruchsvoller, aber ebenso wichtig.

Wer einen Vorsprung erzielen will, darf nicht warten, bis ihm der Wandel von der Konkurrenz, der Gesellschaft oder der Politik aufgezwungen wird. Verantwortung übernehmen, handeln statt abwarten, Haltung zeigen: Das erwartet nicht nur die Generation der Millennials. Ihre Werte sind Creation, Curation, Connection und Community. Die „Generation C“ stellt heute schon mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung – und 2025 mehr als 45 Prozent der möglichen Autokäufer.

Zu Recht verlangt sie Produkte und unternehmerisches Handeln, die mit ihren persönlichen Werten übereinstimmen: bei ökologischen Zielen, sozialer Verantwortung und integrer Geschäftsführung. Wer Verantwortung übernimmt und mit innovativen Lösungen überzeugt, eröffnet sich heute den Vorsprung von morgen.

Wie erfolgreich so etwas sein kann, zeigt das Unternehmen Orsted: Der ehemals staatliche dänische Energiekonzern konzentrierte sich vor seinem Börsengang im Jahr 2016 auf Öl und Gas. Binnen fünf Jahren aber avancierten die Skandinavier zum größten Offshore-Windpark-Unternehmen der Welt. Es ist keine Überraschung, dass sich der Aktienkurs in dieser Zeit fast vervierfacht hat. Die Transformation inspiriert Kund_innen, Aktionär_innen und die eigene Belegschaft.

Klimaschutz duldet keinen Aufschub

Für zukunftsstarke Unternehmen zählt gerade deshalb Nachhaltigkeit zu einem ihrer Kernwerte. Es gilt, mit Substanz und Glaubwürdigkeit zu überzeugen. Klimaschutz duldet keinen Aufschub und fordert von uns allen, unsere Gewohnheiten zu überprüfen.

Für die Automobilbranche gilt: Nur Hersteller, die sich dem Pariser Klimaabkommen verpflichten, erhalten Planungssicherheit. Audi bekennt sich zu diesem Ziel und begrüßt die zusätzlichen Anstrengungen, die Europa, die USA und China beschlossen haben. Wir warten dabei nicht auf die Politik: Bis 2025 verkleinern wir den CO2-Fußabdruck unserer Fahrzeuge um rund 30 Prozent über den kompletten Lebenszyklus hinweg, erweitern unser Portfolio auf mehr als 20 vollelektrische Modelle und dekarbonisieren unsere weltweiten Produktionsstandorte. Bis spätestens 2050 gilt das für unsere komplette Wertschöpfungskette.

Aber auch künftig bleibt eine traditionelle Stärke wichtig, um ehrgeizige Ziele zu erreichen: technologischer Erfindergeist. Mich wundert, dass gerade im Land der Technologie-Pioniere Technologie allzu oft als Problem oder Bedrohung wahrgenommen wird und nicht als Chance. Anfang der 1970er-Jahre gab es eine Technikbegeisterung, die bei uns heute oft fehlt. Das ist in Japan oder den USA anders. Dabei geht es nicht nur darum, technologische Grenzen auszuloten.

Technik soll vor allem das Leben von Menschen bereichern und zu einer besseren Zukunft der Gesellschaft beitragen. Gerade Deutschland war und ist ja ein Land wegweisender technischer Lösungen, die nicht zuletzt das Autofahren viel sicherer gemacht haben. Darum enttäuscht mich, wie eindimensional die Debatte über das Für und Wider eines Tempolimits geführt wird.

Ausbau der Ladeinfrastruktur

Ist eine starre Geschwindigkeitsbegrenzung im Land der Ingenieur_innen wirklich die einzig denkbare Idee? Die Welt von morgen wird von digitalen Lösungen geprägt sein. Darum sollte es auch differenzierte, flexible Modelle abhängig von Tageszeit, Verkehrsaufkommen oder Witterungsverhältnissen geben.

Viel mehr Kraft und Tempo als bislang sind beim Auf- und Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos erforderlich. Das gilt ebenso für das zweite große Zukunftsfeld der Mobilität: das hochautomatisierte Fahren. Viele europäische Länder sind hier zu zurückhaltend, doch Deutschland schreitet mit dem 2022 geplanten „Gesetz zum autonomen Fahren“ voran. In China, dem automobilen Weltmarkt Nummer eins, gibt es übrigens längst eine national einheitliche Strategie zum autonomen Fahren. Selbst in den USA sind immer mehr Bundesstaaten offen für den Einsatz dieser Technik.

Wenn wir uns in der Gegenwart einen Vorsprung erarbeiten wollen, dann dürfen wir nicht nur den kurzfristigen Erfolg im Blick haben. Wir müssen vielmehr Verantwortung für die Gestaltung der Zukunft übernehmen – also unsere natürlichen Lebensgrundlagen bewahren, den Klimawandel stoppen, moderne Arbeitsplätze schaffen und Technologien nutzen, die unsere Gesellschaft humaner und resilienter machen. Ein solcher Vorsprung ist dringlicher denn je.

Die Autorin: Hildegard Wortmann ist Vorständin für Vertrieb und Marketing bei Audi. Sie gehört laut Handelsblatt-Ranking zu den Top-100-Frauen, die Deutschland voranbringen.

Mehr: Sollte es in Deutschland ein Tempolimit geben?

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