Gastkommentar: Warum Künstliche Intelligenz mehr Chancen als Risiken bietet

Der Autor Rishi Sunak ist Premierminister des Vereinigten Königreichs.
Ich glaube, dass nichts in unserer vorhersehbaren Zukunft unser Leben mehr verändern wird als die Künstliche Intelligenz. Wie zu Beginn des elektrischen Zeitalters oder bei der Geburt des Internets wird dies neues Wissen, neue Möglichkeiten für wirtschaftliches Wachstum und neue Fortschritte für menschliche Fähigkeiten schaffen und uns die Chance geben, globale Probleme zu lösen, die wir einst für unlösbar hielten.
KI kann uns helfen, den Welthunger zu beenden, indem sie Ernteausfälle verhindert und es einfacher und günstiger macht, Nahrungsmittel anzubauen. Sie kann helfen, den Übergang zur Klimaneutralität zu beschleunigen. Und sie sorgt bereits für außergewöhnliche Durchbrüche im Gesundheitswesen und der Medizin, indem sie uns bei der Suche nach neuen Demenzbehandlungen und Impfstoffen gegen Krebs hilft.
KI könnte von Kriminellen oder terroristischen Organisationen genutzt werden
Wie frühere technologische Veränderungen birgt auch die KI neue Gefahren und neue Ängste. Wenn wir also wollen, dass unsere Kinder und Enkelkinder von den Potenzialen der KI profitieren, müssen wir handeln – und wir müssen jetzt handeln, um den Menschen die Angst vor den Risiken zu nehmen.
Was sind diese Risiken? Zum ersten Mal hat die britische Regierung den ungewöhnlichen Schritt unternommen, unsere Erkenntnisse zu veröffentlichen, einschließlich einer Einschätzung der britischen Geheimdienste. Als Premierminister war ich der Ansicht, dass dies ein wichtiger Beitrag ist, den Großbritannien dabei leisten kann, um der Welt dabei zu helfen, eine offenere und besser informierte Debatte zu führen.
>> Lesen Sie hier: Die Regierung in London richtet einen globalen Gipfel zur Künstlichen Intelligenz aus – und gründet ein Sicherheitsinstitut für die neue Technologie.
Unsere Berichte geben eine deutliche Warnung ab. KI könnte von Kriminellen oder von terroristischen Organisationen für schadhafte Zwecke genutzt werden. Das Risiko von Cyberattacken, Desinformation oder Betrug stellt eine reale Bedrohung für die Gesellschaft dar.
Und in den unwahrscheinlichsten, aber extremen Fällen sind manche Expertinnen und Experten der Meinung, dass sogar die Gefahr besteht, dass die Menschheit die Kontrolle über KI komplett verlieren könnte, und zwar durch die Art von KI, die manchmal als „Superintelligenz“ bezeichnet wird.
Wir sollten hier keine Panik verbreiten. Es gibt aktuell eine sehr konkrete Debatte dazu und manche Experten meinen, dass es nie dazu kommen wird.
Aber selbst wenn die schlimmsten Risiken unwahrscheinlich sind, wären sie äußerst schwerwiegend, wenn sie eintreten. Daher haben führende Politikerinnen und Politiker auf der ganzen Welt, unabhängig von unseren Differenzen in anderen Fragen, eine Verantwortung, diese Risiken zu erkennen, zusammenzukommen, und zu handeln.
Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die lautesten Warnungen bezüglich der KI von den Menschen kommen, die die Technologie selbst entwickeln. Da die Geschwindigkeit, mit der sich KI verändert, einfach atemberaubend ist, wird jede neue Welle noch weiterentwickelt und noch besser eingeübt sein, auf der Basis von besseren Prozessoren und mehr Computerleistung.
Was sollten wir also tun? Erstens spielen Regierungen hier eine Rolle. Das Vereinigte Königreich hat soeben das erste AI Safety Institute angekündigt. Unser Institut wird einige der angesehensten und sachkundigsten Personen der Welt zusammenbringen. Sie werden neue Arten von KI sorgfältig untersuchen, bewerten und testen, damit wir verstehen, was sie anrichten können. Und wir werden diese Erkenntnisse mit anderen Ländern und Unternehmen teilen, damit KI für alle sicher ist.
Aber KI kennt keine Grenzen. Kein Land kann KI allein sicher machen. Deshalb muss unser zweiter Schritt darin bestehen, die internationale Zusammenarbeit zu verstärken. Dies beginnt diese Woche mit dem allerersten Global AI Safety Summit und ich bin stolz, dass dieser vom Vereinigten Königreich ausgerichtet wird.
Außerdem freue ich mich sehr darauf, den wichtigen Beitrag zu hören, den Deutschland in dieser Debatte leistet.
Die Nationen sollten sich auf eine allererste internationale Erklärung über KI-Risiken einigen
Was wollen wir bei diesem Gipfeltreffen diese Woche erreichen? Ich möchte, dass wir uns auf die allererste internationale Erklärung über die Risiken der KI einigen. Denn aktuell haben wir kein gemeinsames Verständnis für die Risiken, mit denen wir konfrontiert sind. Und ohne das, können wir nicht zusammenarbeiten, um diese anzugehen.
Ich schlage außerdem vor, dass wir ein wirklich globales Experten-Panel einberufen, nominiert von denen, die an dem Summit teilnehmen. Dieses Panel soll einen Statusbericht zur KI-Wissenschaft veröffentlichen.
Auf lange Sicht stelle ich mir eine wahrhaft internationale Herangehensweise in Sachen Regulierung vor, bei der wir mit Partnern kooperieren, um sicherzustellen, dass KI-Systeme sicher sind, bevor sie zugänglich gemacht werden.
Das alles wird nicht einfach sein. Aber es liegt an den führenden Politikern, das Richtige zu tun und transparent zu sein, was die Risiken angeht. Und es geht auch darum, die richtigen langfristigen Entscheidungen zu treffen, um das Vertrauen der Menschen zu gewinnen und ihnen die Gewissheit zu geben, dass wir für ihre Sicherheit sorgen werden.


Wenn uns das gelingt, wenn wir das meistern, dann verfügt KI über herausragende Potenziale. Und dann können wir mit Optimismus und Hoffnung in die Zukunft blicken.
Der Autor: Rishi Sunak ist Premierminister des Vereinigten Königreichs.
Mehr: G7 beschließt elf Gebote für Künstliche Intelligenz. Die EU konnte wichtige Punkte durchsetzen





