Expertenrat – Dr. med. Sabine Schonert-Hirz: Warum Sie aufhören sollten, gegen ihr schlechtes Gewissen anzukämpfen

Ständig treffen wir Entscheidungen, die wir im Nachhinein bereuen.
Perfekt – wer möchte das nicht sein? Doch viele von uns haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie nicht so sind, wie sie sein sollen oder sein wollen – und quälen sich in schlaflosen Nächten damit herum. Sehnlichster Wunsch: Ruhe. Aber wie bringt man die innere Stimme zum Schweigen?
Zunächst hören Sie bitte auf, das schlechte Gewissen aus ihrem Alltag vertreiben zu wollen. Es gehört zur Entwicklung eines jeden Menschen dazu. Sobald ein Gehirn in der Lage ist, das eigene Handeln oder Denken bewusst wahrzunehmen, die Unterscheidung vorzunehmen, was gut und was schlecht ist, stellt es sich ein.
Es hat seine Sternstunden immer dann, wenn wir vor der Wahl stehen: den eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu folgen oder sich an das halten, was in einer Gesellschaft als moralische Norm gilt. Entscheiden kann man sich in der Regel nur für eins von beidem.
Genau hier fängt bei vielen Menschen das Hin und Her an: Eigentlich ... aber andererseits... Man will Dinge, die niemals gleichzeitig zu haben sind, etwa Karriere machen und viel Zeit für die Familie haben. Oder ein guter Christ sein und gleichzeitig ein Genussmensch. Oder gesund leben und regelmäßig rauchen.
Das schlechte Gewissen hat nun seinen Auftritt und quält uns nächtelang mit Unentschlossenheit, Reue, Scham und Ärger über uns selbst. Das erzeugt Stress – und das ist gut so! Nun heißt es wach bleiben und nachdenken. Denn genau das will das schlechte Gewissen uns sagen: Du musst noch einmal in dich gehen und genau überlegen, du hast dich noch nicht entschieden!
Das ist das Nützliche am schlechten Gewissen: Es zwingt uns zu konzentriertem Denken und einer festen Entscheidung. Das tut weh. Besonders schmerzt es, wenn beide Möglichkeiten etwas Positives für uns bedeuten, zum Beispiel das wohltuende Sportprogramm zu absolvieren einerseits und es sich auf dem Sofa gemütlich zu machen andererseits.
Den Schmerz aushalten
Was hilft nun? Nichts anderes, als sich bewusst von der ausgeschlagenen Möglichkeit zu verabschieden und den Schmerz auszuhalten. Je konzentrierter wir das tun, desto schneller lässt er nach.
Vielleicht ist man dann auch einfach nur traurig. Aber das ist ein eindeutiges und damit leichter zu akzeptierendes Gefühl. Bewusst die Verantwortung für eine Entscheidung zu tragen macht es sogar möglich, aus dieser Situation zu lernen und sich in Zukunft besser zu verhalten.


Wenn Sie jetzt ein schlechtes Gewissen haben, dass Sie zu lang im Netz herumgesurft sind, statt Zeit mit Ihren Kindern zu verbringen, stehen Sie bitte klar zu Ihrer Entscheidung! Immerhin sind sie auf diese Kolumne gestoßen – und das hat sich doch (hoffentlich) gelohnt! Beim nächsten Mal also bitte gleich hier nachschauen. Und dann ab zu den Kiddies.






