Gastkommentar – Global Challenges: Wie Deutschland in Afrika gegen China bestehen kann

Der 27 Kilometer lange Nairobi Expressway durchschneidet die Innenstadt der kenianischen Hauptstadt und wird von der Bevölkerung „Road of the Rich“ (Straße der Reichen) genannt. Die Fahrt vom Flughafen in die Stadt über den Expressway ist schnell und kostet eine Maut von umgerechnet 3,60 Euro. Unerschwinglich für viele Kenianerinnen und Kenianer.
Von der chinesischen Road and Bridge Corporation in nur 18 Monaten gebaut, wurde die Schnellstraße 2022, kurz vor den Präsidialwahlen, fertiggestellt. Das rund 640 Millionen Euro teure Projekt wurde jeweils zur Hälfte durch eine Public Private Partnership und durch ein Darlehen von China an den kenianischen Staat finanziert, abgesichert mit den Mautrechten für mehrere Jahrzehnte.
Die Kehrseite dieses Investitionsmodells zeigt sich direkt unter den imposanten Pfeilern des Expressway: Die staugeplagte, von Schlaglöchern durchsetzte alte Nationalstraße wird weiterhin von denjenigen benutzt, die sich die Maut nicht leisten können. Das trifft auf die Mehrheit der Bevölkerung zu.
Europa ist bei kritischen Rohstoffen von China abhängig
Dem hochverschuldeten Staat Kenia fehlt das Geld für notwendige Sanierungen. Die geplante Erhöhung von Steuern und Abgaben musste nach Massenprotesten in diesem Sommer zurückgenommen werden.
Der Deutsch-Afrikanische Wirtschaftsgipfel, den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am 3. Dezember in Nairobi eröffnete, stand ganz im Zeichen der Frage, welche neuen Ansätze es geben könnte, um die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland, der EU und den afrikanischen Staaten zu verbessern.
Für Europa spielt dabei insbesondere das Thema Rohstoffe eine entscheidende Rolle auf dem Weg in eine CO₂-neutrale Zukunft. Die europäische Abhängigkeit von China bei der Versorgung mit kritischen Rohstoffen und grünen Technologien ist in den vergangenen Jahren zunehmend zu einer geopolitischen Herausforderung geworden. Das kürzlich von China verhängte Exportverbot für einige seltene Erden im eskalierenden Handelskrieg mit den USA war ein weiterer Weckruf.
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Angesichts der aktuellen Umbrüche ist es daher wenig verwunderlich, dass viele Unternehmen derzeit einen neuen Blick auf den ressourcenreichen Wachstumsmarkt Afrika werfen. Der Kontinent hat große Vorkommen an Kobalt, Kupfer, Lithium und Grafit, die beispielsweise für Solarmodule, Batterien und Windturbinen unerlässlich sind.
Doch eine nachhaltige und verantwortungsvolle Zusammenarbeit Europas mit Afrika bei Rohstoffen bleibt eine Herausforderung. Zwar hat die EU bereits strategische Partnerschaften mit einigen afrikanischen Ländern geschlossen, um die Versorgung Europas mit Rohstoffen wie Kobalt, Kupfer und Lithium zu sichern und gleichzeitig eine nachhaltige Rohstoffwirtschaft zu fördern. Diese Projekte haben bislang jedoch nicht zu Investitionen in die Wertschöpfungsketten vor Ort geführt, die sich die afrikanischen Staaten davon erhoffen.
Ein entscheidender Grund dafür ist, dass chinesische Wettbewerber von staatlicher Unterstützung und kostengünstigeren Produktionsbedingungen profitieren. Europäische Unternehmen haben Schwierigkeiten, unter diesen Voraussetzungen zu konkurrieren.
Neue Chancen für deutsche Unternehmen
Doch derzeit tun sich Chancen auf. Viele afrikanische Länder bewerten ihre bestehenden Wirtschafts- und Handelsbeziehungen momentan neu. Deutsche Unternehmen können sich dabei als verantwortungsvolle Partner für die afrikanischen Staaten und den Wirtschaftssektor positionieren.
Die deutsche Wirtschaft wird in Afrika nicht nur als Lieferant führender Technologien geschätzt, sondern steht auch für die Einhaltung höherer Umwelt- und Sozialstandards sowie für Transparenz, die für die Konkurrenz aus China, Indien, der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien kaum Priorität haben.
Mit seinem dualen System genießt Deutschland zudem einen exzellenten Ruf in der Ausbildung von Fachkräften. Die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet kann einen wichtigen Beitrag zum Aufbau langfristiger Beziehungen leisten, vor allem in den Bereichen Maschinenbau und Bergbautechnologie, die in Afrika sehr gefragt sind.
Einen kritischen Blick muss die Bundesregierung indes auf das Zusammenwirken von Entwicklungspolitik und privatwirtschaftlicher Initiative werfen. In einem Subventionswettbewerb mit China wäre Deutschland zum Scheitern verurteilt und sollte sich dem chinesischen Ansatz der unlauteren Wirtschaftsförderung auch nicht verschreiben.
Nachhaltige Erfolgschancen bietet jedoch ein kluger Mix aus Risikoabsicherung für privatwirtschaftliche Investitionen und flankierendem staatlichen Engagement. Die unternehmerische Initiative sollte bei der Privatwirtschaft bleiben. Gleichzeitig kann der Staat ein Umfeld fördern, in dem die Unternehmen ihre Stärken langfristig entfalten können.


Die Autoren:
Inge Herbert ist Direktorin des Regionalbüros Subsahara-Afrika der Friedrich-Naumann-Stiftung mit Sitz in Johannesburg.
Alexander Knipperts ist Leiter des Auslandsbüros Tunesien und Libyen der Friedrich-Naumann-Stiftung mit Sitz in Tunis.
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