Gastkommentar: Der Fall Commerzbank zeigt, dass bessere Regeln nötig sind
Derzeit schlägt die mögliche Übernahme der Commerzbank durch Unicredit hohe Wellen. Pikant ist die Rolle der Investmentbank Goldman Sachs, die die Commerzbank bei der Verteidigung berät und gleichzeitig durch von ihr gekaufte derivative Finanzinstrumente auf die Unicredit-Aktie zeitweise von den Übernahmefantasien profitiert hat.
Aber der Reihe nach: Am 11. September gab Unicredit bekannt, etwa neun Prozent der Aktien der Commerzbank erworben zu haben. Davon stammten 4,49 Prozent vom Bund, der seine Beteiligung reduziert hatte. Am 23. September gab Unicredit bekannt, dass man sich den Zugriff auf weitere 11,5 Prozent über derivative Instrumente gesichert habe, sodass die Bank vorbehaltlich der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörden ihre Beteiligung auf etwa 21 Prozent ausbauen könne.
Der Vorstand der Commerzbank ist in einer schwierigen Situation. Einerseits hat er immer wieder betont, die Eigenständigkeit der Bank wahren zu wollen. Andererseits kann sich der Vorstand nicht grundsätzlich einer Übernahme verschließen, wenn diese im Sinne der Aktionäre wäre.
Hier wird der Preis eine entscheidende Rolle spielen, den Unicredit den Aktionären anbieten müsste. Bei einem Preis deutlich über dem Wertsteigerungspotenzial der Aktie der Commerzbank als eigenständiges Institut hätte der Vorstand kaum eine andere Wahl, als die Annahme des Angebots zu empfehlen.
Am 7. Oktober wurde von Reuters gemeldet, dass Goldman Sachs verschiedene Derivative abgeschlossen habe, die zum Stichtag 30. September, also nach dem Erwerb der Beteiligung von Unicredit an der Commerzbank, einer Beteiligung von etwa 6,7 Prozent an Unicredit entsprächen. Offenbar spekulierte Goldman Sachs auf einen Kursanstieg von Unicredit infolge der Übernahmefantasien. Gleichzeitig unterstützt Goldman die Commerzbank bei der Abwehr von Unicredit. Das ist eigentlich ein glasklarer Interessenkonflikt.
Bemerkenswert ist, dass bereits zum 2. Oktober die derivativen Beteiligungen von Goldman Sachs an Unicredit wieder unter ein Prozent gesunken sein sollen, demzufolge also die Geschäfte bereits nach sehr kurzer Zeit wieder glattgestellt wurden.
Die Banker werden argumentieren, dass es eine „Chinese Wall“ zwischen den Handelsaktivitäten und der strategischen Beratung gebe und insofern ein solcher Konflikt nicht bestehe. Aus regulatorischer Sicht mag dies nicht zu beanstanden sein, da man niemandem einen Verstoß gegen Insiderregeln unterstellen sollte.
Dieser Fall zeigt aber, dass die Meldefrist für das Über- oder Unterschreiten von Meldeschwellen von vier Handelstagen deutlich reduziert werden sollte. Zudem wäre zu überlegen, Investmentbanken, die bei der Verteidigung gegen einen Übernahmeversuch beraten, Handelsgeschäfte mit der Aktie des Beratungskunden oder des Übernehmers zu untersagen. Dann wären solche konfliktträchtigen Konstellationen ausgeschlossen.