Asia Techonomics: Speichertechnologie und Wasserstoff: So will China sein Energiesystem absichern

In der wöchentlichen Kolumne schreiben Handelsblatt-Korrespondenten im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in Asien.
72 Prozent des Öls, das China verbraucht, stammt aus dem Ausland – vor allem aus dem Nahen Osten und Russland. Und der Energiebedarf der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt wächst weiter. Eine höhere Energiesicherheit ist daher für Peking ein großes Thema. Der Ukrainekrieg und das Ringen der europäischen Länder um ihre Versorgung haben dieses Streben nur bestärkt.
Nicht, dass China, das sich nicht an den Sanktionen gegen Moskau beteiligt, ein politisches Problem damit hätte, Öl aus Saudi-Arabien oder Russland zu beziehen. Aber Terminals für Flüssiggas in den Häfen können abgeschnitten, Gas-Pipelines stillgelegt werden. In einer geopolitisch fragileren Welt will auch China seine Abhängigkeiten reduzieren. Das zeigen mehrere gerade vorgelegte Pläne der Staatsführung.
Der Ende März vorgelegte Fünfjahresplan etwa hat das klare Ziel ausgegeben, die „nationale Energiesicherheit“ über den Bau eines neuen Energiesystems sicherzustellen. Technologien wie neue Speicherlösungen und grüner Wasserstoff zu stark sinkenden Preisen spielen dabei eine zentrale Rolle. Denn nur mit ihnen kann China es langfristig schaffen, den weiter steigenden Verbrauch klimafreundlicher und mit einem höheren Grad an Autarkie zu gestalten.
Schon jetzt ist China der größte Produzent und Verbraucher von Wasserstoff. In einem ebenfalls Ende März vorgelegten ersten nationalen Entwicklungsplan für die Branche hat sich Peking das Ziel gesetzt, von 2025 an jährlich mindestens 100.000 Tonnen an grünem Wasserstoff zu produzieren – also die Art Wasserstoff, bei dem der Strom für die Elektrolyse aus erneuerbaren Energiequellen stammt.
Dafür soll eine weitgehend einheimische Lieferkette aufgebaut werden, von der Fertigung der Elektrolysegeräte bis zur Energielieferung. Auch hier ist das Ziel der Selbstversorgung klar erkennbar.
Einsatz von Speichertechnologien wird gefördert
In den chinesischen Wüsten sollen Wind- und Solaranlagen massiv ausgebaut werden, um damit andere Regionen des Landes zu versorgen. Der weltgrößte Solarmodul-Hersteller Longi Green Energy Technology rechnet mit einer massiv steigenden Nachfrage und will die Produktion der Elektrolyseure verdreifachen. China ist schon jetzt Marktführer in der Solarindustrie, bei Lithium-Ionen-Batterien und in der Windkraft.
Die Staatsführung will den breitflächigen Einsatz von Speichertechnologien sowohl für Wasserstoff als auch für andere Energiearten fördern. Und die Kosten sollen drastisch sinken. Bis 2025 sollen elektrochemische Energiespeichersysteme 30 Prozent weniger kosten als derzeit, sieht der Fünfjahres-Energieplan vor. 30 Gigawatt an Speicherkapazität sollen so entstehen.

Wind- und Solaranlagen sollen in China massiv ausgebaut werden.
Das sind allerdings nur knapp vier Prozent der im selben Zeitraum geplanten 800 Gigawatt an zusätzlicher Erzeugungskapazität in China. Erneuerbare Energien sollen bis dahin 20 Prozent des Energieverbrauchs decken. Fünf Jahre später, 2030, sollen es dann 25 Prozent sein.
So grün, wie es jetzt klingen mag, ist Chinas Energiewelt jedoch bei Weitem nicht. Für die Pekinger Führung heißt es gegensteuern, denn die Kohlendioxidemissionen sind in den vergangenen zwei Jahren deutlich gestiegen.
>> Seien Sie dabei: Beim Handelsblatt Wasserstoff-Gipfel diskutieren wir, wie der Markthochlauf gelingen kann
Dennoch: Der geplante neue Kraftakt für die erneuerbaren Energien dürfte die Kosten weiter senken. Beispiel grüner Wasserstoff: Die „China Hydrogen Alliance“ rechnet damit, dass es inklusive aller Kapitalinvestitionen 2025 noch umgerechnet vier Dollar kosten wird, ein Kilogramm des Energieträgers zu erzeugen. Fünf Jahre später sollen es dann nur noch 2,40 Dollar ein. So wird Chinas Streben nach Energiesicherheit durch Technologie auch Auswirkungen auf die globale Energieerzeugung haben.



In unserer Kolumne Asia Techonomics schreiben Nicole Bastian, Dana Heide, Sabine Gusbeth, Martin Kölling und Mathias Peer im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in der dynamischsten Region der Welt.
Mehr: Eine Stadt fährt runter - Chinas Energieprobleme sind unsere Lieferkettensorgen.





