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Asia TechonomicsSchmutzige Solarrohstoffe: Darf Deutschland importieren, was die USA ablehnen?

China wird vorgeworfen, dass Uiguren in Xinjiang Zwangsarbeit leisten müssen. Ein US-Gesetz verbietet jetzt die Einfuhr von Polysilizium aus der Provinz. Auch in Deutschland beginnt die Debatte.Nicole Bastian 22.06.2022 - 15:52 Uhr Artikel anhören

Ein neues US-Gesetz dürfte deutliche Auswirkungen auf die Hersteller haben.

Foto: Reuters

Es ist eine Liste, auf der kein chinesisches Unternehmen stehen wollte: Seit dieser Woche ist das US-Gesetz zur Vermeidung der Zwangsarbeit von Uiguren mit dem umständlichen Kürzel UFLPA in Kraft. Es trifft Textil- und Nahrungsmittelhersteller und auch zentrale Lieferanten der Solarbranche.

Rund 40 Prozent des für Solarzellen wichtigen Polysiliziums stammt aus der Provinz Xinjiang, aus der es immer wieder Berichte über Unterdrückung und Zwangsarbeit der uigurischen Bevölkerung gibt. Zuletzt erregte der Datenleak der „Xinjiang Police Files“ großes Aufsehen.

Auf der US-Liste der betroffenen Unternehmen steht nun der wichtige Lieferant Hoshine Silicon Industry ebenso wie die Xinjiang-Niederlassungen der Polysilizium-Anbieter Daqo, East Hope und GCL. US-Firmen dürfen von diesen Unternehmen nichts mehr importieren.

Alle Waren aus Xinjiang oder solche, bei denen Produkte aus der Provinz in der Lieferkette stecken, gelten mit dem Gesetz als von Zwangsarbeit betroffen. Ausnahmen für US-Unternehmen gibt es nur, wenn sie in einem aufwendigen öffentlichen Prozess nachweisen, dass in der Lieferkette bis zum importierten Produkt keine Güter mit Zwangsarbeit hergestellt wurden. Die Beweislast ist also umgekehrt.

Das Gesetz ist ein Schritt weiter in Richtung wirtschaftlicher und technologischer Entkopplung der beiden größten Volkswirtschaften der Welt. Die chinesische Regierung bestreitet die Vorwürfe und wirft den USA vor, die globalen Lieferketten absichtlich zu beschädigen.

Die Kosten für den grünen Umbau steigen zusätzlich

In den USA fürchten Experten jetzt zumindest höhere Kosten für den grünen Umbau, wenn einige chinesische Zulieferer aus der Lieferkette fallen. Hoshine beliefert viele der Topproduzenten weltweit. Der Kurs der Aktie ist trotz des Solarbooms seit dem vergangenen September um mehr als die Hälfte eingebrochen. Dabei steigen die Preise für Polysilizium derzeit stark, weil die Nachfrage aus Europa so hoch ist – und auch in China selbst so viele Solarprojekte geplant sind.

Die Branche rüstet sich jetzt für die Folgen des US-Einfuhrverbots. Dabei muss sich noch herausstellen, wie groß die Gruppe der betroffenen Produkte und Firmen wirklich sein wird. Eine Studie der Universität Nottingham zeigt, dass oft das Polysilizium verschiedener Hersteller gemischt wird. Niemand weiß am Ende, ob nicht doch auch „schmutzige“ Solarrohstoffe aus Xinjiang im eingekauften Polysilizium oder in den eingekauften Solarzellen aus China waren.

>> Lesen Sie auch: Wirtschaftsministerium verweigert deutschem Unternehmen Risikogarantien für Xinjiang

So wird das Gesetz ebenfalls für die deutsche Solarindustrie große Bedeutung haben, auch wenn alle Branchenvertreter versichern, die von ihnen verwendeten Materialien hätten absolut nichts mit Zwangsarbeit zu tun. Das EU-Parlament fordert bereits Importverbote ähnlich denen der USA.

Und auch hierzulande läuft die Diskussion: Soll Deutschland das importieren, was die USA als unter Einsatz von Zwangsarbeit hergestellt verbieten? Und kann die Energiewende andererseits ohne Polysilizium aus Xinjiang gelingen? Allein im Mai kamen 127 Prozent mehr Solarzellen und -module von China nach Deutschland als im Jahr zuvor.

Yunnan, Ningxia und die Innere Mongolei als neue Beschaffungszentren

In der schwierigen Situation mag es ein wenig erleichtern, dass China andere Provinzen im Süden und Norden des Landes zu neuen Zentren der Solarrohstoffproduktion ausbaut. Yunnan im Süden sowie Ningxia und die Innere Mongolei im Norden sollen mit 850.000 Tonnen jährlich bald mehr Polysilizium produzieren als Xinjiang derzeit, erklären die Experten der Beratungsagentur Lydekker.

Das liegt vor allem an den Standortvorteilen dieser Provinzen: Die Energiekosten für die Verarbeitung sind dort niedrig. Yunnan, schon jetzt die zweitwichtigste Provinz für die Produktion von Polysilizium, hat Wasserkraft, Ningxia und die Innere Mongolei verfügen über Photovoltaik- und Windenergie. Sie möchten beide zum Zentrum der grünen Wasserstoffproduktion in China werden.

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Zudem plant die chinesische Regierung, die Lieferketten bis 2025 fast vollständig zu automatisieren, sodass andere Standortvorteile mehr ins Gewicht fallen. Und es schadet bestimmt auch nicht, dass die Provinzen nicht direkt von dem US-Importverbot betroffen sind.

In der Kolumne Asia Techonomics schreiben Nicole Bastian, Dana Heide, Sabine Gusbeth, Martin Kölling und Mathias Peer im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in der dynamischsten Region der Welt.

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