Beyond the obvious: Die drei bitteren Wahrheiten des Donald Trump

Kurz vor Jahresende sorgt US-Präsident Donald Trump noch einmal für Aufregung in Europa. Die neue nationale Sicherheitsstrategie der USA geht mit Europa hart ins Gericht. Dabei ist es falsch, von einer „Scheidungsurkunde“ zu sprechen, wie es der eine oder andere Politiker und Kommentator getan hat.
Die neue Sicherheitsstrategie ist vielmehr zu sehen wie das Schreiben eines sehr besorgten Freundes, der darauf hinweist, dass der Lebenswandel nicht geeignet ist, ein langes und gesundes Leben zu sichern.
Natürlich enthält die Sicht auf die EU und Deutschland Aspekte, über die man nur den Kopf schütteln muss. Andererseits kann man nicht leugnen, dass Angela Merkel mit zwei Entscheidungen, dem Atomausstieg und der Öffnung der Grenzen für ungesteuerte Migration, die Grundlage für einen wesentlichen Teil der heutigen Probleme in Deutschland gelegt hat: die viel zu hohen Energiepreise und die zunehmende Polarisierung und Radikalisierung der Gesellschaft.
Die Antwort aus deutscher und europäischer Sicht kann nur lauten: den unbequemen Rat anzunehmen und die Aspekte, an denen man noch etwas ändern kann, zu ändern.
Dabei geht es um den Dreiklang von wirtschaftlicher Stärke, militärischer Macht und politischem Gewicht. Und zwar genau in dieser Reihenfolge.
Es ist nicht länger hinnehmbar, dass die EU und Deutschland in immer höherer Geschwindigkeit an wirtschaftlicher Kraft verlieren. Die USA enteilen uns bei Innovationskraft, Wachstum und Wohlstand pro Kopf.
Die Chinesen erobern systematisch ehemals deutsche Kernindustrien, und dies schon längst nicht mehr als billige Kopierer, sondern als günstige Technologieführer. Hier zu handeln, ist in unserem ureigensten Interesse und, wie es so schön heißt, alternativlos. Leider scheint diese Erkenntnis in Berlin und Brüssel noch nicht weitverbreitet zu sein.

Gut gemeinter Rat vom Freund auf der anderen Seite des Atlantiks
Sodann muss es darum gehen, militärische Autonomie zu erlangen. Washington sagt Europa nicht mehr: „Wir beschützen euch, weil wir Verbündete sind.“ Washington sagt: „Wenn ihr eine Rolle spielen wollt, müsst ihr euch selbst beschützen können. Und wenn ihr das nicht könnt, dann spielt ihr keine Rolle mehr.“ Das ist kein Affront. Das ist Konsequenz.
Aufbau einer eigenen Rüstungsindustrie
Es genügt allerdings nicht, mehr in Rüstung zu investieren. Konsequent wäre der Aufbau einer eigenen Rüstungsindustrie, die zudem in kritischen Komponenten unabhängig ist, auch von den USA.
Wie weit wir davon entfernt sind, zeigen Juan Mejino-López und Guntram B. Wolff vom Bruegel-Institut in einer aktuellen Studie. Demnach stieg der Anteil der Käufe von US-Lieferanten an den gesamten europäischen Militärausgaben von 27,8 Prozent (2019–2021) auf 50,7 Prozent (2022–2024). Mag dies im Zuge der Unterstützung der Ukraine kurzfristig unvermeidbar sein, ist es mittelfristig gefährlich.
Dies gilt umso mehr, da viele Waffensysteme zwar „made in EU“ sind, zahlreiche kritische Komponenten jedoch aus den USA stammen. Wolff verweist auf die F-127-Fregatten von Thyssenkrupp Marine Systems.
Ohne das aus den USA stammende Aegis-System, das für die Luftabwehr zuständig ist, haben wir milliardenteure Fregatten, die blind in der Ostsee herumschwimmen. Solange die USA kooperieren, kein Problem. Doch uns darauf verlassen sollten wir nicht.






Was folgt daraus? Die europäischen Verteidigungsausgaben müssen glaubhaft dauerhaft erhöht werden. Mehr Geld muss in Start-ups und Technologien fließen, und Europa muss die offensichtlichen Lücken in den technologischen Fähigkeiten schließen. Die gute Nachricht dabei ist, dass dieses Vorgehen auch mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung Europas unabdingbar ist.
Erst nachdem wir Wirtschaft und Verteidigungsfähigkeit wiederhergestellt haben, werden wir auch politisch an Gewicht gewinnen. Je schneller wir das erkennen und entsprechend handeln, desto besser.









