1. Startseite
  2. Meinung
  3. Kolumnen
  4. Globale Trends: Der Tiktok-Erfolg der AfD darf nicht zum Wahlerfolg werden

Globale TrendsDer Tiktok-Erfolg der AfD darf nicht zum Wahlerfolg werden

Rechtsextreme umwerben Jungwähler in den Social Media, weil sie dort eine Schwachstelle sehen. Demokraten müssen präsenter werden, aber entscheidend sind die richtigen Lösungen.Thomas Hanke 26.03.2024 - 15:31 Uhr
Mehr als 60 Prozent der Tiktok-Nutzer sind laut einer Studie von ARD Media jünger als 20 Jahre. Foto: IMAGO/NurPhoto

Deutsche Medien und Politiker regen sich auf. Die rechtsextreme AfD umgarnt in sozialen Netzwerken wie Facebook und Tiktok junge Wähler. Vor allem die chinesische Plattform für Kurzvideos nutzen die Völkischen in Deutschland viel intensiver als andere Parteien: Vier der fünf Politiker und Politikerinnen mit der höchsten Zahl von Followern gehören der AfD an.

Mehr als 60 Prozent der Tiktok-Nutzer sind laut einer Studie von ARD Media jünger als 20 Jahre. Nun kommt die Sorge auf, die AfD könne ihren Erfolg in diesem Netzwerk in Wählerstimmen ummünzen. Man kann auch das Gegenteil behaupten: Die AfD hat es besonders nötig, sich um Jungwähler zu kümmern. Denn bei der Bundestagswahl 2021 hat sie in dieser Gruppe mit acht Prozent deutlich schlechter abgeschnitten als insgesamt (10,3 Prozent).

Welchen Einfluss soziale Netzwerke im Allgemeinen und Tiktok speziell auf Wahlen haben, ist in Deutschland kaum erforscht. Die großen Institute wie Allensbach, Forschungsgruppe Wahlen oder Infratest Dimap sagen, dass sie dies noch nicht untersucht haben.

In den USA haben sich Wissenschaftler damit auseinandergesetzt, kommen aber zu widersprüchlichen Ergebnissen. Eine Forscherin und ein Forscher der University of Arizona schrieben 2022 in ihrer Studie, eine breite Wirkung auf Twitter ermögliche es Kandidaten, einen finanziellen Nachteil wettzumachen. So habe Donald Trump im Wahlkampf 2016 deutlich weniger Geld ausgeben können als seine demokratische Gegnerin Hillary Clinton, aber dennoch gewonnen.

Dagegen veröffentlichte die Princeton University 2023 eine Untersuchung, die zu dem Schluss kommt, sowohl 2016 als auch 2020 hätten die überwiegend liberalen Beiträge auf Twitter den Wähleranteil der Republikaner schrumpfen lassen. 

Viele Follower sind kein Garant für Erfolg

Eine hohe Zahl von Followern ist kein Garant für politischen Erfolg. Emmanuel Macron ist der Politiker auf Tiktok, der die meisten Follower hat. Dennoch ist der französische Präsident jüngsten Meinungsumfragen zufolge äußerst unbeliebt. Laut der Allensbacher Medienanalyse interessieren sich nur sechs Prozent der Nutzer sozialer Netzwerke für die dortigen Auftritte von Politikern.

Etwas anderes ist die Bedeutung der sozialen Netzwerke insgesamt für die politische Information. Einer Studie der Universität Düsseldorf zufolge nutzen 61 Prozent der Deutschen über 16 Jahre soziale Netzwerke zur politischen Information. Bei den überregionalen Tageszeitungen sind es allerdings 64 Prozent, beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk sogar 81 Prozent. Die Werte verschieben sich bei Jüngeren zugunsten der Netzwerke.

Das müssen Demokraten berücksichtigen. Noch wichtiger als der Kanal sind aber die richtige Kommunikation und die richtige Politik. Der Schriftsteller Giuliano da Empoli hat in seinem Essay „Die Ingenieure des Chaos“ überzeugend gezeigt, dass für Populisten „das Spiel nicht mehr darin besteht, Menschen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner zu vereinen, sondern die Leidenschaften einer möglichst großen Zahl von Grüppchen zu entfachen“. Sie wollen nicht zur Mitte konvergieren, sondern die Extreme aufstacheln. Das klappt mit Kurzvideos sehr gut.

Handelsblatt-Autor Thomas Hanke analysiert in der Kolumne interessante Daten und Trends aus aller Welt. Foto: Klawe Rzeczy

Gegen die Langeweile traditioneller Politik setzen Extremisten eine aufpeitschende Botschaft: Wir sind das Volk und zeigen es den alten Eliten! Ob Fünf Sterne in Italien, Brexiteers in Großbritannien, Trump in den USA, Rassemblement National in Frankreich oder AfD, alle setzen Energien frei mit der Kernspaltung von Tabus, Konventionen und Rücksichtnahmen. Emotionen sind wichtiger als Vernunft.

Verwandte Themen
AfD
Donald Trump
Emmanuel Macron
USA
Deutschland

Was kann man dem entgegensetzen? Macron gelang es 2017 und 2022: Die Wähler lehnten die vom Rassemblement National geforderte Zerstörung des Euros und der EU ab. Auf ähnlich verlorenem Posten stehen die Rechtsextremen heute mit ihrer russlandfreundlichen Haltung. Mit richtiger Politik gewinnen Demokraten Mehrheiten.

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt