Globale Trends: Die Angst vor dem Ende der Traumfabrik

Düsseldorf. Amerikanische Waren boykottieren als Reaktion auf die Strafzölle von US-Präsident Donald Trump? Diese Forderungen gibt es in verschiedenen Ländern. Beim besonders betroffenen US-Nachbarn Mexiko schreiben wütende Bürger im Internet, die Welt müsse keine iPhones, Levis-Jeans und US-Autos kaufen. „Wir können aufhören, Hollywoodfilme zu sehen, können mehr lateinamerikanische oder europäische Produktionen sehen, die eine bessere Qualität haben“, heißt es da bei einem Nutzer. Doch ist das wirklich so einfach? Zumindest in Bezug auf Hollywood sind da Zweifel angebracht.
Die zehn erfolgreichsten Filme des vergangenen Jahres stammten sämtlich aus den USA, einer war eine französisch-amerikanische Koproduktion. Die amerikanischen Einspielergebnisse übertreffen die anderer Länder bei Weitem. Und als einzige Filmnation erlösen die USA im Ausland so viel wie auf dem Heimatmarkt.
Hinzu kommt, dass die USA mit ihren großen Streamingdiensten die Abhängigkeit von Kino und linearem Fernsehen überwunden haben.
US-Produktionen kommen nicht immer aus Hollywood
Hier aber kommen andere globale Akteure ins Spiel: US-Produktionen kommen nämlich nicht mehr unbedingt aus Hollywood, sondern immer öfter aus Budapest, Paris, Madrid oder Babelsberg. Hier sind die Löhne niedriger – oder die Förderungen höher. Die europäische Filmwirtschaft betrachtet dies allerdings mit zwiespältigen Gefühlen: „Wer an US-Streamingproduktionen beteiligt wird, ist faktisch reiner Auftragsproduzent, wird einmal bezahlt und partizipiert kaum mehr am weiteren Vertriebsweg“, sagt Björn Böhning, Geschäftsführer der Allianz Deutscher Produzentinnen und Produzenten, dem Handelsblatt.
So versucht Hollywood, seine Stellung zu halten. Manche europäischen Länder versuchen, sich dagegen zu wehren: „In Frankreich und Großbritannien gibt es eine Investitionsverpflichtung für die internationalen Streamer, das muss Deutschland auch einführen“, fordert Böhning. Damit würden die US-Plattformen gezwungen, einen Teil ihrer Erlöse im Land zu reinvestieren und die dortige Wirtschaft teilhaben zu lassen.
Doch ob das dann noch attraktiv – und rentabel – für die Amerikaner ist?
Hinzu kommen ganz neue Wettbewerber – oder alte, die sich so weiterentwickelt haben, dass sie zu ernst zu nehmenden Wettbewerbern geworden sind. Die lateinamerikanischen Telenovelas sind längst keine kitschigen Schmonzetten mehr wie vor 20 Jahren, sondern reflektieren gesellschaftliche Themen, von Drogenhandel über Korruption bis hin zu sich wandelnden Geschlechterrollen. Die erfolgreichste Telenovela stammt aus Mexiko: „Betty la fea“ (Die hässliche Betty) wurde in 180 Länder verkauft.
Das dürfte ganz schön am Ego der Amerikaner kratzen, waren für das amerikanische Selbstverständnis Filme und Serien doch schon immer mehr als ein Geschäft. Sie sind Teil ihrer Soft Power, der Beeinflussung von Freund und Feind durch eigene Freiheitsideale, Werte, Rollenmodelle.
Aber wollen die anderen Staaten das überhaupt noch zulassen? Indien, Südkorea, Indonesien, Thailand und andere bespielen zunehmend den 600 Millionen Einwohner zählenden Riesenmarkt der südostasiatischen Staatengemeinschaft (Asean). Südkorea liegt bei den globalen Einspielergebnissen heute bereits auf Rang vier. Die Koreaner haben Erfolg bis in die USA, wie der Oscar für „Parasites“ des südkoreanischen Regisseurs Bong Joon-ho zeigt. Und der chinesische Animationsfilm „Ne Zha 2“ zählt mit bereits mehr als zwei Milliarden Dollar Einspielergebnis in Asien und Australien zu den erfolgreichsten Filmen aller Zeiten. Gerade kommt er in Europa in die Kinos.
Vor allem in Asien, auf das die USA sich seit Präsident Barack Obama und verstärkt unter Trump konzentrieren wollen, erwächst also eine sehr ernst zu nehmende Konkurrenz an Filmen und Serien.
Die stärkste Bedrohung für Hollywoods Soft Power kommt jedoch vielleicht von innen. „Sehr verunsichert“ sei die US-Filmindustrie durch Trump, beobachtet Böhning von Deutschland aus: Sie werde „mehr und mehr auf konforme Inhalte getrimmt und wirkt verhalten“. Die Angriffe der MAGA-Eiferer („Make America great again“) gefährden klassische liberale Inhalte, wie das Handelsblatt beschrieben hat.






Ein Film wie „Barbie“ mit seinem subversiven Humor, der toxische Männlichkeit weglacht und damit 2023 ein Welterfolg wurde, würde heute möglicherweise nicht mehr gedreht: Feminismus steht bei Trump auf dem Index. Hollywood könnte aufhören, eine Albtraumfabrik für autoritäre Herrscher zu sein.






