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Globale TrendsDie gängige Technik kann solche Katastrophen verhindern

Experten arbeiten an präziseren Warnungen vor Extremwetterlagen. Die Vorhersagen der Meteorologen sind kaum mehr das größte Problem. Lernen lässt sich von Frankreich.Thomas Hanke 13.11.2024 - 11:51 Uhr Artikel anhören
Fahrzeuge nach der Hochwasser-Katastrophe in Valencia: Ende Oktober kam es in Spanien zu den schwersten Überschwemmungen seit Jahrzehnten. Foto: Alberto Saiz/AP/dpa

Ist das noch Europa? Zwei Wochen nach einem Unwetter mit mehr als 220 Toten wird in Spanien weiterhin nach 23 Vermissten gesucht. Im Jahr 2021 waren es 193 Tote in Rheinland-Pfalz und NRW. Und das nur, weil es sehr stark regnete. Sind wir in den 2020er-Jahren den Naturgewalten so hilflos ausgeliefert?

Ein halber Kubikmeter Regen auf einem Quadratmeter Fläche wie in der Region Valencia macht aus jedem Bach einen reißenden Fluss, der Häuser und Brücken zerstört. Dabei hätten genauere Voraussagen für den Katastrophenschutz das Schlimmste verhindern können. Wahrscheinlich nicht die hohen Schäden, aber die Toten.

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Die gängige Technik erlaubt es, bei Starkregenfällen „zwei Tage im Voraus schon Vorabinformationen auszugeben“, sagt der Deutsche Wetterdienst. Schwieriger sei es, exakt zu bestimmen, wo die Wassermassen herabkommen. Das wisse man manchmal erst weniger als eine Stunde im Voraus.

Elena Xoplaki von der Uni Gießen arbeitet an mehreren Projekten, die Extremereignisse erkennbar und frühere Warnungen ermöglichen sollen. „Je präziser eine Vorhersage in Bezug auf Zeitpunkt und Ort ist, desto wirksamer können Abhilfemaßnahmen auf spezifische Bedürfnisse zugeschnitten werden“, sagt sie.

Statt Profis entscheiden Parteipolitiker

Vordinglich sei es, die Kommunikation zu verbessern. Die Hinweise, die Betroffene erreichen, seien oft ungenau und widersprüchlich. „Die fehlende Integration und Standardisierung zwischen nationalen, lokalen und regionalen Behörden führt zu Koordinierungsproblemen, die die Wirksamkeit der derzeitigen Frühwarnsysteme beeinträchtigen und letztlich den Schutz verringern.“

Handelsblatt-Autor Thomas Hanke analysiert in der Kolumne interessante Daten und Trends aus aller Welt. Foto: Klawe Rzeczy

Xoplaki und viele andere Forscher arbeiten auch daran, Künstliche Intelligenz (KI) stärker in die Vorhersage von Extremwetter zu integrieren. „Das läuft bereits, das volle Potenzial ist aber längst nicht ausgeschöpft“, stellt sie fest. IBM habe gemeinsam mit der Nasa ein KI-Modell entwickelt, das das Auftreten von extremen Wetterlagen besser erkennen soll, so Bethany Hill McCarthy von IBM.

Entscheidend sei, das Terrain genau zu kennen, auf das eine Sintflut treffe, so die Experten. In der Ebene verteilten sich Wassermassen weiträumig, doch in Tälern entstünden Tsunamis. Eine verantwortliche Behörde muss das resultierende Risiko bewerten und die Betroffenen warnen. Wohlgemerkt: eine.

In Deutschland ist der Katastrophenschutz laut Grundgesetz aber Aufgabe der Kommunen und Bundesländer. In Spanien sind es die Autonomías, ähnlich unseren Ländern. An deren Spitze stehen keine Profis, sondern Parteipolitiker. An der Ahr war es ein Landrat, der keine Gefahr sah. In Valencia ein konservativer Politiker, der entwarnte, statt zu alarmieren.

Deutschland reagierte mit einem neuen Alarm

Nach der Katastrophe von 2021 blieb es in Deutschland bei der Kleinteiligkeit. Immerhin: 2023 wurde der Mobilfunkdienst Cell Broadcast eingeführt, der im Katastrophenfall die Handys schrillen lässt. Doch wer löst das wann aus? Die Verantwortung bleibt bei den Kommunen. Nur im Notfall kann eine Landesregierung die Verantwortung an sich ziehen. Doch dann kann es zu spät sein. Rheinland-Pfalz baut nun eine mit Profis besetzte Behörde auf – ein erster Schritt.

„Man braucht redundante Alarmsysteme und muss sie in einer einheitlichen Command- and Control-Infrastruktur zusammenfassen. Das ermöglicht eine effiziente Reaktion“, urteilt Carsten Brinkschulte. Er leitet das deutsche Start-up Dryad, das Warngeräte und Funknetze für Waldbrände herstellt.

In Frankreich stimmen sich regionale Experten des Wetterdienstes mehrmals täglich mit den Verantwortlichen des nationalen Lagezentrums ab, vergleichen die Wetterdaten und die Topografie etwaiger bedrohter Gebiete.

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Das ist besser als in Deutschland, doch perfekt läuft es noch in keinem Land. Die Politik scheint noch nicht in der neuen Realität apokalyptischer Wetterextreme angekommen zu sein.

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