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LinkedIn-ProfilWie persönlich sollten sich Topmanager zeigen?

Wie gebe ich mich in Social Media möglichst authentisch, ohne peinlich zu werden? Die Gratwanderung beherrscht nicht jeder. Unsere neuen Kolumnistinnen wissen weiter.Tijen Onaran, Kristina Fassler 21.06.2024 - 04:00 Uhr
Kristina Faßler und Tijen Onaran geben Tipps für den richtigen Auftritt in den sozialen Medien. Foto: Sabastian Laraia, Studio R9

Darauf habe ich keine Lust! Warum sollte ich mir das antun? Genau diese beiden Sätze fallen mit verlässlicher Regelmäßigkeit in unseren Gesprächen mit Vorständ:innen und CEOs, wenn es um mehr Sichtbarkeit und unseren Beratungsansatz geht. Dicht gefolgt von der Frage: Was sollte ich als Topmanager:in eigentlich zeigen und vor allem: Was nicht?

Die Hemmschwelle für eine individuelle Kommunikation – insbesondere auf LinkedIn – ist völlig berechtigt. Denn alles wird gesehen, alles wird beobachtet: von Vorstandskolleg:innen, vom Aufsichtsrat, von Kund:innen, von Mitarbeitenden aus dem eigenen Haus. Wer kommuniziert, erzählt Geschichten – den einen sind diese Geschichten zu persönlich, den anderen nicht persönlich genug.

Für Reichweite also eine wachsende Community mit zum Sport, in den Urlaub und via Selfie mit in Termine nehmen? Der absolute Horror für viele.

In einem unserer Beratungstermine werden uns Bilder gezeigt: von einem Topmanager, der nicht nur eine Anleitung für den besten Frühstücks-Smoothie seines Lebens auf LinkedIn liefert, sondern auch die eigene Küche in Szene setzt. Das sei dann doch nicht die Art von Kommunikation, die unsere Mandantin für sich sehen würde. Verständlich.

Sie zeigt uns noch etwas. Diesmal sehen wir einen badenden Kommunikationsmanager, der mit dem Bild versucht, die Verbindung von Körper und Geist zu transportieren. Auch hier spiegelt unsere Kundin uns: Ein nackter Oberkörper wäre eher nicht ihres. Einverstanden.

Der Grat zwischen starker Positionierung und persönlicher Inszenierung ist schmal.

Keine Stringenz gleich keine Glaubwürdigkeit

Unsere Grundregel: Es macht keinen Sinn, auf LinkedIn jemand anders zu sein als im Meeting, in einer heftigen Debatte oder im Unternehmensvideo. Keine Stringenz gleich keine Glaubwürdigkeit.

Die Wirksamkeit resultiert eben nicht aus dem Zählen von Likes und Kommentaren, sondern aus dem stetigen Vergegenwärtigen, was denn das Ziel des oder der Topmanagerin ist, den/die wir beraten. Für den einen ist es eine stärkere Verankerung in der Branche, für die andere ein Machtinstrument, um über erhöhte Sichtbarkeit extern den Einfluss geltend zu machen, der intern vielleicht noch fehlt. Da kann ein persönlicherer Post über die eigene Sozialisation, Herkunft oder über die eigenen Werte – anekdotisch erzählt – ein starkes Instrument sein.

Wenn ein Topmanager darüber berichtet, wie seine soziale Herkunft ihn geprägt hat, dass er sich Zugänge zu Netzwerken selbst schaffen und damit auch alles andere selbst erarbeiten musste, schafft das eine Verbindung zu den Mitarbeitenden. Weil sie feststellen: Er ist auch nur ein Mensch und nahbar. Damit werden eigene Perspektiven und Prioritäten nachvollziehbarer. Maßstäbe – gerade wenn es um Werte geht – sind unzweifelhaft klar und nachlesbar.

Dabei geben wir unseren Kund*innen unsere „W“-Fragen mit:

    Wie willst du wahrgenommen werden?Worum geht’s dir dabei eigentlich?Was ist dein konkretes Ziel in und mit deiner Positionierung?Welche Fallstricke wie interne politische Konstellationen gibt es zu beachten?Wo willst du in einem Jahr stehen?

Zwei Prinzipien, die dabei entstanden sind, wenn es um die Positionierung geht:

Erstens: Persönliches zu teilen bedeutet nicht, Privates zu posten. Der Blick in den Kreißsaal, in dem gerade Leben entstanden ist, ist nur schwer mit wirksamer Sichtbarkeit zu vereinbaren. Der nackte Oberkörper und die eigene Küche mögen Aufmerksamkeit auf sich ziehen, aber zahlen sie wirklich auf eine gute und nachhaltige Positionierung ein? Zweifelhaft. Die Kunst der Positionierung besteht stets darin, gute und relevante Geschichten zu erzählen. Persönlichkeit schafft Nähe, Privates oft Distanz.

Zweitens: Was ist der individuelle „Ton of Voice“ – bin ich die Scharfzüngige, die Provokante, die Sachliche oder die Diplomatin? Der Ton macht die Musik, so auch in puncto Positionierung. Nicht jeder Post braucht ein Selfie, nicht jeder gar ein Bild. Auch Texte wirken, wenn sie berühren. Die Frage für Topmanager:innen lautet also verstärkt: Was von dem, was ich täglich mache, schafft in der Sichtbarkeit einen Mehrwert für andere? Die Badehose ist es höchstwahrscheinlich nicht. Die Art, wie ich arbeite, was meine Prinzipien sind, welche gesellschaftspolitischen Werte ich vertrete und vor allem, welche (neuen) Impulse ich für diejenigen, die mir folgen, geben kann, schon.

Persönlichkeit zu zeigen bedeutet also nicht nur mitzuteilen, dass man dieses oder jenes Buch gelesen, ein Interview oder einen Beitrag geliefert hat, sondern was einen überzeugte, das zu tun. „Als sehr bedenklich empfinde ich die Beobachtung, dass bestimmte Narrative tiefgreifende Probleme wie die Klimakrise eher verschärfen, anstatt zu helfen, zu wissenschaftsbasierten Lösungen zu kommen“, schreibt Bernd Montag, CEO von Siemens Healthineers, über „Erzählende Affen“ von Samira El Ouassil und Friedemann Karig – und zeigt schon mit der Auswahl und der Perspektive darauf viel von sich.

Personality ist das Erzählen, warum einem in Bezug auf den Fachkräftemangel die Fragen von Teilzeit oder Kulturwandel besonders wichtig sind. Und Personality ist es auch, die Hand zu heben und zu schreiben, dass einem ein Aspekt noch wichtig scheint, der bisher eher wenig Beachtung fand, und warum.

Wenn also beispielsweise Caroline von Kretschmann, geschäftsführende Gesellschafterin im Hotel Europäischer Hof Heidelberg, nicht nur gelebte Werte, sondern eben auch „enkelfähiges Agieren“ für Familienunternehmen hervorhebt. Es ist der Wert, der für die eigene berufliche Laufbahn den Unterschied machte und der einem entsprechend wichtig ist.

Bei individueller Kommunikation geht es nicht um Selbstdarstellung.

Wenn etwa die Merck-CEO Belén Garijo darüber schreibt, wie Albert Einstein an Marie Curies Seite stand, wenn die zweifache Nobelpreisträgerin angegriffen wurde, und wie dankbar sie selbst den Menschen ist, die ihr auf ihrem Weg Selbstvertrauen und Unterstützung gaben. Es ist die Freude über Verbindendes und gemeinsam Erreichtes, über Begegnungen und dann auch mal ein Selfie. Wenn man Lust darauf hat.

Bauchgefühl! In Bezug auf Resilienz ist es keine Grenzüberschreitung zu erzählen, was einem selbst guttut. Es muss ja kein Bild aus dem privaten Wohnzimmer dazu.

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Bei individueller Kommunikation geht es nicht um Selbstdarstellung. Nicht um die Dokumentation eines einigermaßen aufregenden Lebens. Sondern darum, Agenda Setter zu sein, Themen einzuordnen, Debatten aktiv zu bespielen und dabei immer im Blick zu haben: Wer greifbar ist, ist klar im Vorteil!

Tijen Onaran und Kristina Faßler beraten gemeinsam Topmanagement und Politik zu strategischer Kommunikation mit dem Schwerpunkt Positionierung.

Mehr: Warum 1,3 Sekunden über den Erfolg auf Social Media entscheiden

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