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KommentarEs wäre ein Fehler, die Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen zu verschleppen

Die Politik sollte sich nicht länger davor drücken, die Coronazeit aufzuarbeiten. Sie muss für die nächste Krise lernen, wie es besser geht. Denn die nächste Pandemie kommt bestimmt.Jürgen Klöckner 04.04.2024 - 04:08 Uhr
Kinder und Jugendliche kämpfen noch heute mit den psychosozialen Folgen der Schulschließungen. Foto: imago images/photothek

Es gibt gerade wirklich viele gute Gründe, sich nicht mehr mit der Coronapandemie zu beschäftigen. Bis zur Entnervung hat sich in diesem Land alles um Inzidenzwerte, Infektionsschutz und Impfquoten gedreht. Seit fast zwei Jahren ist die Pandemie nun vorbei und verschwunden aus der kollektiven Aufmerksamkeit. Nun dreht sie sich um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und dessen Folgen. Da kann man ja nur froh sein, dass Corona bei den Akten liegt.

Es wäre aber ein Fehler, die Aufarbeitung zu verschleppen. Dass der Bundesrechnungshof und die zur Veröffentlichung gezwungenen RKI-Protokolle die Pandemie wieder auf die Tagesordnung gehoben haben, ist eine gute Sache. Die Politik muss lernen, was schieflief und wie es bei der nächsten Krise besser geht. Denn die nächste Pandemie wird früher oder später kommen.

Es wäre schierer Horror, würde sie das Land erneut so unvorbereitet treffen wie vor vier Jahren. Die vielen Toten, die teils unzumutbaren Einschränkungen – die Pandemie ist vorbei, sie hat aber tiefe Wunden hinterlassen.

Kinder und Jugendliche kämpfen noch heute mit den psychosozialen Folgen der Schulschließungen. Für die vielen Long-Covid-Patienten gibt es keine wirklich gute Behandlung. Die Debatte um die Impfpflicht hat nicht nur die Gesellschaft polarisiert, sondern viele Menschen von der Politik entfremdet.

Die einen erfuhren Ausgrenzung wie durch die 2G- und 3G-Regeln, die anderen fürchteten um ihre Gesundheit und jene ihrer Liebsten. Eine Versöhnung ist die Politik nie angegangen, das viele Leid hallt bis heute nach – und je länger sie mit der Aufarbeitung wartet, desto mehr verfestigen sich die Gräben.

Dazu gehört insbesondere die Frage, auf welcher Grundlage  Entscheidungen getroffen wurden. Warum hielt die Politik so lange an der Sieben-Tage-Inzidenz als Gradmesser für die Pandemie fest? Der Wert sagte immer weniger über die Pandemie aus, weil sich mit den steigenden Impfquoten die Infektionszahlen von den schweren Fällen entkoppelten. Welche Maßnahmen waren gerechtfertigt, welche wirksam? Und warum ging der Bund so leichtfertig mit Steuergeldern um, indem er Milliarden für unnötige Masken und Impfstoffe ausgab?

Enquete-Kommission ist der richtige Weg

Nicht nur die FDP erneuert nun ihre Forderung nach einer Enquetekommission im Bundestag, um die Fragen aufzuarbeiten. Selbst Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verspricht nach den jüngsten Veröffentlichungen rund um die RKI-Protokolle eine Transparenzoffensive. Politiker tragen Verantwortung, sie müssen für ihre Entscheidungen geradestehen. Auch wenn die nächste Pandemie wohl nicht mehr Aufgabe von Lauterbach oder seinem Vorgänger Jens Spahn (CDU) sein wird. 

Karl Lauterbach (SPD) und Jens Spahn (CDU). Foto: AFP

Dass Entscheidungen nicht nur in Gesundheitsministerien, sondern auch von Ministerpräsidentenkonferenzen gemeinsam mit dem Kanzler und seiner Vorgängerin getroffen wurden, zeigt, wie komplex die Angelegenheit ist.

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Für eine Versöhnung – aber auch für eine bestmögliche Vorbereitung für die nächste Krise – ist deswegen eine sachliche und konstruktive Aufarbeitung wichtig. Auch um Verschwörungsmythen möglichst den Boden zu entziehen. Giftige Debatten und Schuldzuweisungen lassen sich dabei wohl nicht vermeiden, helfen aber in der Sache nicht weiter. Ob die Politik daraus die richtigen Lehren zieht, ist eine ganz andere Frage.

Mehr: Rufe nach Corona-Aufarbeitung nach Veröffentlichung von RKI-Protokollen

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