Editorial: Es ist ein bisschen wie 2008, kurz vor dem großen Crash

Redaktionen in aller Welt beobachten gerade eine beunruhigende Entwicklung: Immer mehr Menschen wenden sich vom Nachrichtengeschehen ab. Krieg, Wirtschaftskrisen, Trump – sie wollen mit dem endlosen Strom schlechter Neuigkeiten nichts mehr zu tun haben. Forscher nennen das News-Fatigue.
Aber was, wenn diese Müdigkeit nicht nur Leserinnen und Leser erfasst – sondern auch die Finanzmärkte?
Daran musste ich diesen Montag denken, als die Börsen öffneten. Donald Trump hatte in den Tagen zuvor Briefe verschickt, in denen er massive Zölle gegen zahlreiche Länder ankündigte, 25 Prozent gegen Japan und Südkorea, 40 Prozent gegen Brasilien und nun 30 Prozent gegen die EU.
Dazu muss man wissen, dass die Zahlen in Trumps aktuellen Zoll-Briefen nicht weit von dem Niveau entfernt sind, das der US-Präsident bereits im April angekündigt hatte. Er nannte das Ganze damals „Liberation Day“.
Die Reaktion war damals ein drastischer Einbruch an den Aktien- und Anleihemärkten, „Sell America“ lautete das Gebot der Stunde. Nur kurz ließ Trump die Zölle in Kraft – dann verschob er das Vorhaben um 90 Tage. „Der Anleihemarkt ist wirklich heikel“, erkannte er.