
Essay: Die Befreier von gestern sind die Gefährder von heute
Immer schon war es ein Politikum höchster Brisanz, wie sich das politische Establishment zum 8. Mai positionierte. War die Kapitulation Nazideutschlands ein „Tag der Befreiung“, wie es ausgerechnet jener Teil Deutschlands von Beginn an propagierte und entsprechend inszenierte, der von einer totalitären Diktatur in die nächste, wenn auch sozialistischer Façon, übergegangen war?
Die gleiche Rhetorik übernahm dann von konservativer Seite schlussendlich auch der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker in seiner legendären Rede 1985. Er sprach von der Befreiung von einem „menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ – und traf damit in seinem Lager nicht nur auf Zustimmung.
Und natürlich gibt es immer noch jene Rechtsausleger der Republik, für die der 8. Mai der Tag immer schon der großen Niederlage, des Schmerzes oder gar der Schande war. Nie allerdings spiegelte sich in diesem 8. Mai die ganze zeitgenössische Dialektik so wider wie an diesem 80. Jahrestag des Siegs der Alliierten über Hitlerdeutschland. Und das gleich aus mehreren Gründen.





