Kommentar: Am Markt für Risikokapital ist noch keine Trendwende in Sicht

Der US-Konzern übernimmt den Istanbuler Spieleanbieter Peak Games.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer – das gilt auch für den Megadeal im Venture-Capital-Markt vom Pfingstmontag. Der Rekord-Exit des deutschen Risikokapitalgebers Earlybird ist zwar eine bemerkenswerte, eine herausragende Transaktion: Der Verkauf des Istanbuler Spieleanbieters Peak Games an den US-Konzern Zynga im Volumen von 1,8 Milliarden Dollar spült Earlybird gut 520 Millionen Dollar in die Kasse – für deutsche Verhältnisse ein Geschäft im XXL-Format. Aber eine neue Ära wird damit im hiesigen Markt für Wagniskapital noch nicht eingeläutet. Dafür sind die Defizite nach wie vor zu groß.
Earlybird mit dem charismatischen Hendrik Brandis an der Spitze ist eine Ausnahmeerscheinung im hiesigen Markt. Insgesamt mangelt es der deutschen Venture-Capital-Landschaft aber an Breite. Höchstens eine Hand voll Fonds gehen als europäische und internationale Schwergewichte durch.
Die staatliche Förderbank KfW kann bestehende Teams stärken, aber die strukturellen Mängel nicht beseitigen. Und der Corona-Schock macht es jetzt noch schwerer, neue Spieler aufzubauen, denn die Stimmung ist im ersten Quartal auf einen Tiefpunkt gesunken, das „Fundraisingklima“ ist frostig geworden. Damit droht die Finanzierung der Start-ups und die Bereitstellung von Wachstumskapital wieder problematisch zu werden.
Und wenn die Kapitalmärkte wieder anspringen, dann wird auch die Achillesferse wieder sichtbar, die den deutschen VC-Markt seit Jahren bremst: Es fehlt ein funktionierender Exit-Kanal über die Börse. Nach dem Neuen Markt ist es nie mehr gelungen, ein dynamisches Segment für junge Technologiefirmen zu etablieren.
Damit wächst die Gefahr, dass die neue Technologiewelle aus E-Health, Biotechnologie, Video-Konferenzen und virtuellen Spieleanbietern eher an der Nasdaq oder sonst wo landet, aber nicht in Frankfurt. Was in Deutschland aber noch viel schwerer wiegt, ist die fehlende öffentliche Diskussion über Risikokapital, Start-ups und die Chancen der Gründer nach Corona. Der Verbrennungsmotor von gestern erhitzt die Gemüter, die Geschäftsmodelle von morgen lassen uns kalt.
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