Kommentar: Beim Zolldeal mit Trump war für die EU mehr drin

Der Zolldeal, den Kommissionschefin Ursula von der Leyen mit US-Präsident Donald Trump ausgehandelt hat, ist eine riesige Enttäuschung. Aber in den europäischen Hauptstädten redet man sich das Diktat aus Washington seit Tagen schön. Der Deal sei „das Beste, was zu erreichen war“, behauptet Bundeskanzler Friedrich Merz.
Es kursieren viele plausibel klingende Erklärungen, warum die EU sich Trump gebeugt hat. Wahlweise ist sie mit ihren 27 Mitgliedern zu zerstritten, militärisch zu abhängig oder wirtschaftlich zu schwach, um einen Handelskrieg zu führen. Jeder pickt sich den Grund heraus, der zu seiner politischen Agenda passt. Sicherheitsexperten etwa argumentieren, wenn die EU nur früher in die Aufrüstung investiert hätte, hätte sie jetzt auch Trump die Stirn bieten können.
Das Problem mit all diesen Argumenten ist, dass sie versuchen zu erklären, warum von der Leyen keine Wahl hatte und es zu diesem schlechten Deal kommen musste. Dabei hätte es ja eine Alternative gegeben.
Trump hat den Europäern mehrmals die Gelegenheit geboten zurückzuschlagen. Gleich nach den ersten US-Zöllen auf Stahl im März hätte Brüssel die vorbereiteten Gegenzölle in Kraft setzen können. Weitere Anlässe boten sich, als Trump im April Zölle auf Autos verhängte und im Juli 30 Prozent Mindestzoll androhte.