Kommentar Das Gesetz gegen die Vernichtung von Produkten ist zu wenig

Hersteller sollen zukünftig an den Kosten für die Entsorgung von Wegwerfbechern beteiligt werden.
Die langjährige Praxis vieler Online- und Einzelhändler, Retouren oder nicht verkaufte Neuware als Abfall zu entsorgen, soll in Deutschland künftig der Vergangenheit angehören. Mit der sogenannten Obhutspflicht schafft die Regierung eine gesetzliche Grundlage, um der massenhaften Vernichtung von grundsätzlich funktionsfähigen Produkten einen Riegel vorzuschieben.
Am Dienstag beschloss das Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf und geht damit über die Umsetzung von EU-Richtlinien hinaus.
Dahinter steht ein klares Nein zur Wegwerfgesellschaft. Die Bundesregierung will Händler dazu verpflichten, dass Waren im Kreislauf gehalten werden und nicht in der Abfalltonne landen, um Platz in den Regalen zu schaffen oder weil ein Wegwerfen günstiger wäre, als die Produkte neu anzubieten.
Das ist zu begrüßen – allerdings ist eine solche Obhutspflicht bis auf Weiteres nicht mehr als eine freundliche Erinnerung an die Händler, ihrer Produktverantwortung gerecht zu werden. Einzelheiten sollen erst später über Verordnungen geregelt werden. Etwa, welche Produkte konkret betroffen sein werden und welche im Ausnahmefall doch entsorgt werden können, etwa weil sie verdorben oder tatsächlich nicht reparierbar sind.
Zunächst will der Bund den Handel dazu zwingen, den Umgang mit nicht verkauften Waren zu dokumentieren. Einzelheiten müssen aber auch hier über gesonderte Verordnungen geregelt werden. Ein schnelles Ende der Vernichtung von Retouren und Neuware bleibt also aus.
Ebenfalls sieht der Gesetzentwurf vor, dass Kommunen künftig die Kosten für die Entsorgung von Wegwerfbechern und anderen Einwegverpackungen auf die Hersteller umlegen können. Auch das ist richtig. Doch das eigentliche Problem – die stetig zunehmende Abfallmenge – wird von der Regierung nicht angegangen. Das ist zu wenig.
Wer gegen die Wegwerfgesellschaft ist, der muss auch Strategien zur Abfallvermeidung und besseren Abfalltrennung entwickeln. Darüber hinaus sind Hersteller gefordert, ihre Produkte recyclingfreundlicher und reparierbar zu gestalten.
Für einen kleinen Schub könnten hier die neuen Regelungen zur öffentlichen Beschaffung sorgen. Der Bund und seine Behörden sollen künftig Produkte bevorzugen, die rohstoffschonend, energiesparend und abfallarm hergestellt wurden und sich zudem durch Langlebigkeit und Reparaturfreundlichkeit auszeichnen. Dieser Schritt war längst überfällig. Mittelfristig wird die Bundesregierung jedoch nicht darum herumkommen, verbindliche Standards und Vorgaben etwa für den Einsatz von recyceltem Material bei neuen Produkten für alle Hersteller zu schaffen.
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