Kommentar: Das System Orban schadet deutschen Unternehmen
Am vergangenen Wochenende haben sechs Parteien sogenannte Vorwahlen abgehalten und einen gemeinsamen Kandidaten gegen den seit elf Jahren regierenden Ministerpräsidenten bestimmt.
Foto: ReutersJe näher in Ungarn die Wahlen im April 2022 rücken, desto stärker bekommen gewisse ausländische Investoren die harte Hand von Ministerpräsident Viktor Orban zu spüren. Die vereinte Opposition rechnet sich Chancen aus, die Wahlen zu gewinnen. Am vergangenen Wochenende haben sechs Parteien sogenannte Vorwahlen abgehalten und einen gemeinsamen Kandidaten gegen den seit elf Jahren regierenden Ministerpräsidenten bestimmt.
Dieser weiß, dass seine Stellung gefährdet ist, und so unternimmt er derzeit alles, um sich eine informelle Machtbasis zu schaffen. So hat er es etwa auf den Flughafen von Budapest abgesehen, welcher der Düsseldorfer Firma Avi Alliance, kanadischen Pensionskassen und einem Singapurer Staatsfonds gehört. Jüngst hat der Staat ein zweites Kaufangebot für den Flughafen abgegeben, das erste war von den Eigentümern abgelehnt worden.
Die öffentliche Hand will allerdings bloß 51 Prozent am Flughafen übernehmen; wer den Rest erwirbt, ist nicht ganz klar. Die Rede war aber einmal davon, dass der Minderheitsanteil zur Immobilienfirma Indotek und zur Mineralölfirma MOL gehen soll. Deren Chefs sind Verbündete von Orban.
Auch wenn Orban also abgewählt würde, hätten er und sein Zirkel bei dieser maßgeblichen Infrastruktureinrichtung noch Einfluss. Angeblich wollen die ausländischen Eigentümer nicht verkaufen, aber wehren können sie sich kaum. Ein Flughafen kann nur in Kooperation mit den Behörden betrieben werden, und diese haben viele Möglichkeiten, den Investoren das Leben schwer zu machen.
Da nützt es den drei Eigentümern auch nichts, dass die Flughafenkonzession eigentlich noch Jahrzehnte läuft. Ökonomisch ist sie attraktiv: Der Flughafen Budapest leidet zwar ebenfalls unter den Folgen der Pandemie, Ungarns Hauptstadt ist allerdings eines der attraktivsten Tourismusziele Europas. Und die Logistik erfährt am Flughafen gerade einen Ausbau. Chinesische Transportfirmen nutzen ihn zunehmend als Hub, um Güter nach Europa zu schaffen.
Wirtschaftlich handelt Orban schlau und opportunistisch: Teile der Binnenwirtschaft wie den Budapester Flughafen schanzt er Freunden zu. Mit dem ausländisch beherrschten Exportsektor würde er dagegen nie so umspringen. Der im Land stark vertretenen Autoindustrie, darunter den deutschen Herstellern Mercedes, Audi und BMW, erfüllt er zum Beispiel jeden Wunsch. Die Branche ist hochproduktiv und ermöglicht es Orban, einen ideologisch aufgeladenen Wohlfahrtsstaat zugunsten des Mittelstands zu finanzieren.