Kommentar: Der Rettungsring für Merz kommt von links


Friedrich Merz und Heidi Reichinnek könnten, so scheint es mittlerweile, noch zu politischen Verbündeten wider Willen werden. Immer dann, wenn es für den CDU-Kanzler im Bundestag eng wird, springen ausgerechnet die kleinen Oppositionsparteien ein. Beim Sondervermögen waren es die Grünen, die die verfassungsändernde Mehrheit sicherten.
Nun ist es die Linksfraktion, die Merz wohl die Mehrheit rettet. Fraktionschefin Reichinnek kündigte an, sich mit ihren Abgeordneten bei der Abstimmung über das Rentenpaket am Freitag zu enthalten – ein Schritt, der die Schwelle zur erforderlichen Mehrheit entscheidend senkt.
Es ist ein Vorgang, der deutlicher kaum machen könnte, wie unsinnig diese Rentenreform geraten ist. Merz versucht vor allem, die fragile Koalition zusammenzuhalten, während die Linke jedes Mittel rechtfertigt, um am bestehenden Rentensystem nichts ändern zu müssen – ungeachtet steigender Beiträge oder Steuerzuschüsse. Inhaltlich verteidigt Merz das Paket kaum noch. Stattdessen verweist er auf Koalitionsdisziplin und Regierungsstabilität.
Die Jungen können jetzt frei abstimmen
Die jungen und die älteren Kritiker des Rentenpakets in der Union können jetzt ohne Rücksicht auf die Fraktionsdisziplin abstimmen – und dürften das auch tun. Sie mussten aus der Presse erfahren, dass der Entschließungsantrag zum Rentenpaket nicht wie geplant zur Abstimmung kommt – der Begleittext war ein Zugeständnis an die Junge Gruppe der Union, der nun ohne Erklärung kassiert wurde. Warum die Fraktionsspitze so agierte, bleibt ein Rätsel. Vermutlich musste erneut Rücksicht auf die SPD genommen werden.
Die Lage ist ernst. Die Auseinandersetzungen um das Rentenpaket zeigen ein Maß an Zerstrittenheit in der Koalition, das man selbst in den frühen Monaten der Ampel nicht finden konnte. Merz hat jetzt die nächste Klippe seiner Kanzlerschaft vorerst umschifft. Doch der Preis ist hoch. Im kommenden Jahr muss er die Wirtschaft in Schwung bringen. Gelingt ihm das nicht, drohen der CDU massive Verluste bei den Landtagswahlen.
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