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KommentarDeutschlands „Sonderweg“ in der Energiepolitik gibt es nicht wirklich

Andere Nationen durchleben mit der Energiewende die gleichen Probleme wie Deutschland. Bei der Lösung schlägt sich unser Land sogar ganz gut.Catiana Krapp 21.08.2024 - 15:20 Uhr
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Die Energiewende erfordert in vielen Ländern einen riesigen Stromnetzausbau. Foto: dpa

Wann immer sich durch die Energiewende in Deutschland Probleme ergeben, werden Stimmen laut, die über einen „deutschen Sonderweg“ schimpfen und damit implizieren, alle anderen Länder würden es besser machen. Sie übersehen: Anderswo gibt es längst die gleichen Probleme wie hier – und dort teils noch deutlich verschärft.

Beispiel Griechenland: Im vergangenen Sommer ist es dem Land gelungen, seinen Stromverbrauch an mehreren Tagen vollständig mit erneuerbaren Energien zu decken. Die Schattenseite: Oft gibt es ein so großes Überangebot an Wind- und Solarenergie, dass die Stromnetze instabil zu werden drohen und der Netzbetreiber die grünen Stromanlagen abschalten muss.

Beispiel USA/Texas: Ja, der amerikanische Inflation Reduction Act, der so oft als Grund für Abwanderung in die USA angeführt wird, hat den erneuerbaren Energien und dem Bau von Stromspeichern einen Boost verliehen. Aber der Strommarkt ist kaum reguliert. Deshalb entstehen die Kapazitäten da, wo sich am einfachsten Geld verdienen lässt – und nicht da, wo sie gebraucht werden. So ist das Stromnetz auch in Texas regelmäßig überlastet.

Beispiel Chile: 2015 war das Land noch eines der wichtigsten Investitionsziele für Produzenten erneuerbarer Energien weltweit. Im Süden weht starker Wind, im Norden gibt es viel Sonne.

Doch die Anlagen entstanden weit weg von den Menschen, die den Strom benötigen. Und starke Stromnetze durch ein 5000 Kilometer langes Land zu verlegen ist eine riesige und teure Herausforderung. Das Ergebnis: Obwohl die vielen Erneuerbaren große Mengen günstigen Strom produzieren, sollen die Strompreise bis Ende nächsten Jahres um 60 Prozent steigen.

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Der Blick in andere Länder zeigt, dass ein schnell steigender Anteil erneuerbarer Energien für die immer gleichen Herausforderungen sorgt. Plakativ könnte man sagen: Billige Solarmodule aufstellen hat noch nicht viel mit Energiewende zu tun.

Auf allen Seiten ist ein großes Umdenken und Investieren erforderlich

Um tatsächlich das fossile System zu transformieren, sind hochkomplexe und teure Maßnahmen nötig.

Erstens: Haushalte und Unternehmen müssen Strom dann verbrauchen, wenn er entsteht. Intelligente und automatische Steuerungsgeräte müssen das ermöglichen und zum Beispiel Elektroautos, die den ganzen Tag an der heimischen Wallbox hängen, gezielt in den Mittagsstunden laden.

Zweitens: Wann immer trotzdem ein Überschuss an Solar- und Windstrom besteht, muss er in Akkus gespeichert oder zu Wasserstoff transformiert werden.

Drittens: Starke Stromnetze – und Wasserstofftransportnetze – müssen Strom und Wasserstoff vom Entstehungsort dorthin transportieren, wo sie gebraucht werden.

Das alles sind riesige Herausforderungen, die auf allen Seiten ein großes Umdenken und Investieren erfordern. Dass es dabei schon mal hakt, ist eigentlich selbstverständlich. Zielführender, als über einen vermeintlichen deutschen Sonderweg zu schimpfen, wäre es also, sich schnellstmöglich auf die Transformation einzulassen.

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Erstpublikation: 20.08.2024, 13:53 Uhr.

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