Kommentar Die Herausforderungen für Curevac werden nach der Aufgabe des Covid-Impfstoffs nicht kleiner

Angesichts der enttäuschenden Studiendaten hätte der Impfstoff selbst im Falle einer Zulassung kommerziell ohnehin keine Chance gehabt.
Curevac zieht seinen Covid-Impfstoff aus dem Zulassungsverfahren zurück und gibt ihn damit komplett auf. Für das Tübinger Biotech-Unternehmen ist das eine bittere, letztlich aber strategisch richtige und im Grunde auch überfällige Entscheidung.
Angesichts der enttäuschenden Studiendaten hätte der Curevac-Impfstoff selbst im Falle einer Zulassung kommerziell ohnehin keine Chance gehabt gegen vier bereits zugelassene Konkurrenzprodukte mit durchweg höherer Effektivität.
Die Neuausrichtung gibt dem Unternehmen nun die Möglichkeit, seine noch immer vergleichsweise üppigen Ressourcen stärker für potenzielle Nachfolgeprodukte, die Verbesserung seiner Technologie und andere Projekte einzusetzen.
Sie zeigt indirekt aber auch, was bei dem einstigen Hoffnungsträger im Argen liegt. Das Tübinger Unternehmen hatte seine mRNA-Formulierung in der Vergangenheit bereits mehrfach überarbeitet, trotzdem erwies sie sich als nicht konkurrenzfähig gegenüber alternativen Konzepten.
Die Ausgangsbasis für den nächsten Anlauf mag insofern besser sein, als man mit dem Pharmariesen Glaxo-Smithkline (GSK) einen erfahrenen Partner an Bord hat, der nun wahrscheinlich die Regie für die weitere Entwicklung übernimmt.
Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht
Aber auch das bietet noch keinerlei Erfolgsgarantie – zumal der britische Konzern in den vergangenen Jahren nicht gerade die glücklichste Hand in der Medikamentenentwicklung bewies. Die Risiken sind weiter erheblich. Der neue Impfstoffkandidat hat zwar solide präklinische Daten geliefert, wurde bisher aber an Menschen noch nicht erprobt.
Mit der Ankündigung, künftig auch chemisch modifizierte RNA-Konstrukte zu testen, räumen Curevac und GSK zudem ein, dass sie dem bisherigen Konzept von Curevac allein nicht mehr voll vertrauen. Sie begeben sich mit ihrer neuen Forschungsstrategie auf ein Feld, auf dem Konkurrenten wie Moderna und Biontech mehr als zehn Jahre Erfahrungsvorsprung und vermutlich auch die bessere Patentposition haben.
Auch das Covid-Umfeld mit inzwischen sehr hohen Impfquoten und den Booster-Strategien der Konkurrenten könnte sich als Herausforderung erweisen, etwa für die Gestaltung aussagefähiger klinischer Studien.
Fast ausgeschlossen scheint es, dass die europäische Arzneimittelagentur Impfstoffe weiter im Schnelldurchgang genehmigt. Selbst wenn es tatsächlich gelingen sollte, einen neuen Produktkandidaten zur Marktreife zu entwickeln, wäre eine Zulassung frühestens 2023 in Sicht. Die Curevac-Aktionäre werden in jedem Fall noch einiges an Geduld benötigen.
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