Kommentar: Die Niederlande sind mit ihrer Blockadehaltung zu weit gegangen

Die Kompromisslosigkeit des niederländischen Premiers wird dem EU-Gipfel wohl einen bitteren Nachgeschmack verleihen.
Die EU hat schon viele dramatische Auseinandersetzungen überstanden. Doch was in den vergangenen drei Tagen beim EU-Gipfel in Brüssel geschah, haben selbst erfahrene Krisenmanager wie die deutsche Kanzlerin noch nicht erlebt.
Ein traditionell europafreundliches EU-Gründungsmitglied zettelte einen Streit an, der die Staatengemeinschaft mitten in der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte vor eine Zerreißprobe stellt. Was der niederländische Premier Mark Rutte seinen Amtskollegen servierte, kannte man bisher nur von den Briten und von Osteuropäern.
Viktor Orbán durfte sich freuen. Bisher galt der ungarische Rechtspopulist als schwierigster und unkooperativster aller EU-Regierungschefs. Die zweifelhafte Spitzenposition konnte er nun an Rutte weiterreichen, was er beim Gipfel auch weidlich ausnutzte.
Selbst wenn sich die EU-Regierungschefs am vierten Gipfeltag endlich auf einen abgespeckten Corona-Wiederaufbauplan einigen, bleibt ein bitterer Nachgeschmack: Die Niederlande stehen als ein Land da, das nationale Interessen über europäische stellt.
Damit verschieben sich die Koordinaten – auch aus deutscher Sicht. Für die Bundesregierung ist das Nachbarland im Nordwesten traditionell ein enger Verbündeter. Ob diese Partnerschaft so vertrauensvoll bleibt wie bisher, ist nun nicht mehr sicher.





