Kommentar: Die Wirtschaft ist kein Ort der Chancengleichheit


In der deutschen Wirtschaft gelangen Männer und Frauen noch immer nicht in gleicher Weise in Führungspositionen. Selbst öffentliche Unternehmen gewährleisten keine gleichberechtigte Teilhabe. Diese Erkenntnisse veranlassten die Politik vor zehn Jahren dazu, die gesetzliche Frauenquote einzuführen.
Das Thema ist bis heute von Kontroversen geprägt. Die Vorgaben zur Gleichstellung werden weiterhin intensiv diskutiert. „Quotenfrau“ ist ein Schimpfwort. Und manch Gender-Euphoriker nervt.
Tatsächlich wagte die damalige Große Koalition einen tiefgreifenden Eingriff in die unternehmerische Freiheit: Sie schrieb bestimmten Unternehmen der Privatwirtschaft sowie Beteiligungen von Bund und Ländern eine gesetzliche Geschlechterquote von 30 Prozent für die Aufsichtsräte vor. Inzwischen gibt es zudem Vorgaben für das Topmanagement sowie die Pflicht, Zielgrößen bis hin zur ersten und zweiten Führungsebene unterhalb von Vorstand oder Geschäftsführung festzulegen.
Zugegeben, der Wandel vollzieht sich nur schleppend. Doch was die Wirtschaft nicht aus eigener Initiative schaffte, wird nun allmählich Realität: Der Frauenanteil in den Spitzenpositionen steigt – ein klarer Erfolg für die Diversität.
Doch wer Regeln schafft, muss bei der gleichberechtigten Teilhabe mit gutem Beispiel vorangehen. Es ist wichtig, dass die Politik das knapp geschafft hat, wie aktuelle Daten zeigen. Alles andere wäre unglaubwürdig gewesen. Doch öffentliche Unternehmen stehen besser da als die Privatwirtschaft.
Nicht noch mehr Berichtspflichten
Eine vollständige Parität in allen Unternehmen ist jedoch noch längst nicht erreicht. Die derzeitige schwarz-rote Regierung prüft deshalb weitere gesetzliche Schritte, und Verstöße gegen die Vorgaben könnten künftig „konsequent und spürbar“ sanktioniert werden.
Dies geschieht ausgerechnet in einer Zeit, in der deutsche Unternehmen täglich massiven Stellenabbau ankündigen. 2025 verzeichnete Deutschland so viele Unternehmensinsolvenzen wie seit elf Jahren nicht mehr. Der Mittelstand, das Rückgrat der heimischen Wirtschaft, gerät zunehmend unter Druck. Das Land befindet sich bereits im zweiten Jahr einer Wirtschaftskrise.
In diesem Kontext wirkt Diversität schnell wie ein zweitrangiges Problem – nach dem Motto: Wo es keine Toppositionen mehr gibt, spielt Gleichstellung keine Rolle.


Das Thema ist jedoch zu wichtig, um in den Hintergrund gedrängt zu werden. Zehn Jahre nach Einführung der Frauenquote wäre ein Rückschritt ein fatales Signal. Weitere gesetzliche Regelungen müssen allerdings mit Augenmaß erfolgen: Noch mehr Berichtspflichten, noch mehr Bürokratie – das kann in Krisenzeiten kaum der Weg zu echter Gleichstellung sein.
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