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KommentarDie Zeitlupenwende des Olaf Scholz

Nachdem der Kanzler die Zeitenwende ausgerufen hatte, dachte man, es geht jetzt in schnellem Tempo in eine andere Richtung. Das Gegenteil ist der Fall.Thomas Sigmund 31.03.2022 - 08:09 Uhr Artikel anhören

Einige Äußerungen des Bundeskanzlers wurden auch in den eigenen Reihen mit Verwunderung aufgenommen.

Foto: IMAGO/Jens Schicke

Olaf Scholz spricht gern von einer Zeitenwende. Schaut man sich die politischen Botschaften des Bundeskanzlers näher an, kommt man allerdings nicht umhin, von einer Zeitlupenwende zu sprechen. Wie seine Vorgängerin und seine Vorgänger hat er das Bonmot des Historikers Michael Stürmer verinnerlicht: Die Deutschen wollen vor allem gut essen, ruhig schlafen und nie mehr allein sein.

Zwar stirbt die Kriegsgeneration, die Hunger und Bombennächte erlebt hat, langsam aus. Aber die Maxime der deutschen Politik bestimmt sie immer noch. 

Deshalb versuchen alle Kanzler, eine ruhige Hand zu vermitteln und nicht in Aktionismus zu verfallen. Scholz ist zudem Parteipolitiker. Er dürfte die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen im Blick haben, die immer ein wichtiger Stimmungstest für eine Bundesregierung sind. Würde er jetzt schon von Zumutungen durch die Folgen des Ukrainekriegs sprechen, dann wäre das sicher kein Wahlkampfschlager.

Zwar ist den meisten bewusst, dass es ohne Verzicht nicht gehen wird. Doch die Rechnung präsentiert die Regierung lieber erst nach der Wahl in NRW. Die Autofahrer sollen nicht durch ein Tempolimit und autofreie Sonntage erschreckt werden.

Ein Landesminister hatte es gewagt, zu sagen, man könne auch mal die Heizung runterdrehen und sich einen dicken Pullover anziehen. Die Folge war ein gewaltiger Shitstorm in den Medien. So weit zur politischen Strategie des Kanzlers. 

>> Lesen Sie dazu: „Müssen uns für den Fall einer Eskalation wappnen“ – Habeck ruft Frühwarnstufe des Notfallplans Gas aus

Sein Vize und potenzieller Herausforderer von den Grünen, Robert Habeck, ist da schon agiler. Der Bundeswirtschaftsminister gibt den Realpolitiker. Zuerst fährt er nach Katar und versucht, für Deutschland andere Öl- und Gasquellen zu sichern. Dann kündigt er die erste Stufe des Gasnotfallplans an und redet den Bürgern und Unternehmen ins Gewissen. Es käme jetzt auf jede Kilowattstunde an, die gespart werden könne. Wo Scholz schweigt, redet Habeck. 

Mit Verwunderung auch in den eigenen Reihen werden Auftritte von Scholz wie bei Anne Will verfolgt, wonach er immer jede Entwicklung schon vorher erkannt und dafür Pläne entwickelt habe. An seinem offensichtlich großartigen Wissen lässt er die Öffentlichkeit aber erst im Nachhinein teilhaben.

Habeck wählt den gegenteiligen Ansatz und spricht seine Zweifel und seine strategischen Zwickmühlen ganz offen an. Er ist aber nur der Vizekanzler, der mehr werden möchte. Da finden die Menschen diese Herangehensweise gut. Ein Kanzler darf eben keine Zweifel zulassen. Ob man wie Scholz jedoch bei jeder Gelegenheit selbstbewusst vermitteln muss, keiner sei klüger im Raum als er selbst, steht auf einem anderen Blatt.
Nachdem Olaf Scholz die Zeitenwende ausgerufen hatte, dachte man, es geht jetzt in schnellem Tempo in eine andere Richtung. Das Gegenteil ist der Fall. Das meiste ist wie bisher business as usual. Es wird in Teilen brav der Koalitionsvertrag abgearbeitet, obwohl zwei Flugstunden von Deutschland entfernt Krieg herrscht. Nichts soll sich verändern. Das wird aber keine Option auf Dauer sein.

Deutschland muss wirtschaftlich widerstandsfähiger und militärisch wehrfähiger werden. Irgendwann wird Scholz diese unbequeme Wahrheit den Deutschen offenbaren müssen. Es geht um die klassische Abschreckung gegen Russland. Putin darf nicht den Eindruck gewinnen, das größte Land in der Europäischen Union sei nicht in jeder Hinsicht verteidigungsfähig.  

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