Kommentar Erdogan bekommt Freifahrtschein von der EU

Der türkische Staatspräsident hat es geschafft, über seine Außenpolitik die eigene Beliebtheit zu steigern
Istanbul Für den türkischen Präsidenten ist die EU zu einer „ineffektiven, horizontlosen und oberflächlichen“ Struktur verkommen. Was die Türkeipolitik der Union angeht, liegt Erdogan nicht ganz falsch.
Wochenlang haben die Regierungen der Mitgliedsländer darüber diskutiert, wie die Türkei für ihre Erdgasbohrungen im östlichen Mittelmeer zu sanktionieren sei. Das Land hatte Erkundungsschiffe in eine Region entsandt, die Griechenland und Zypern für sich beanspruchen. Beide Länder hatten Kriegsschiffe in die Region geschickt, eine Eskalation war kaum noch auszuschließen.
Nicht, dass Sanktionen gegen die Türkei unbedingt die richtige Antwort gewesen wären. Doch nun steht im Abschlusstext des jüngsten EU-Gipfels, der Staatenbund wolle eine „positive politische EU-Türkei-Agenda“ mit Handels- und Zollanreizen.
Das klingt nicht nur devot, das ist es auch. Für die türkische Regierung gleicht die Ankündigung einem außenpolitischen Freifahrtschein. Der türkische Staatschef hat sich mit einer offensiven Taktik Raum für weitere außenpolitische Manöver gegenüber der EU verschafft.
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Erdogan hat in der EU und ihren Mitgliedsländern inzwischen den perfekten Rivalen gefunden. Länder wie Deutschland und Frankreich haben ihre Türkeipolitik monatelang nicht koordinieren können. Und während Österreich heftig für Sanktionen gegen Ankara eingestanden hatte, war es vor allem Bundeskanzlerin Merkel, die ebenso energisch für eine diplomatische Lösung geworben hatte.
Militärische Engagements treffen im Land auf Zustimmung
Merkel konnte sich am Ende durchsetzen. Sanktionen gegen die Türkei wird es nicht geben. Doch das heißt noch lange nicht, dass nun Ruhe einkehrt.
Schon jetzt hat es Präsident Erdogan geschafft, über seine Außenpolitik die eigene Beliebtheit zu steigern. Die militärischen Engagements in Syrien und Libyen treffen auf große Zustimmung im Land, weit über die Anhänger seiner Partei AKP hinaus.
Im Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien unterstützt die Türkei den Bruderstaat Aserbaidschan mit Worten und mutmaßlich auch mit Waffen. Auch hier unterstützen weite Teile der Opposition den Präsidenten.
Selbst die unglaublich schwache Lira kann Erdogans Popularität derzeit kaum etwas anhaben. Während seine Partei AKP in Umfragen auf rund 30 Prozent Zustimmung abgesunken ist, liegt die Zustimmungsrate für den türkischen Präsidenten bei über 50 Prozent.
Das weckt Begehrlichkeiten. Erdogan dürfte weiter auf außenpolitische Projekte setzen, bei denen er Zustimmung erhält. Ob Visafreiheit, eine neue Zollunion, mehr Geld für den Flüchtlingspakt oder Einfluss in Europas direkter Nachbarschaft: Bleibt die EU weiter handlungsunfähig, gibt es keinen Grund für den türkischen Staatschef, von seiner offensiven Linie abzuweichen.
Mehr: Darum ist der türkische Präsident Europas Angstgegner.
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Herr Erdogan wird uns in kener Weise entgegen kommen. Wir werden zu Kreuze kriechen! Aber so geht das nun mal! Wir sind einfach nicht in der Lage, Erdogan in irgend einer Form Einhalt zu gebieten! Er wird uns vor sich her treiben! Wer das mit sich machen läesst, ist selbst i Schuld!