Kommentar: Ewig hohe Flugpreise sind eine Illusion


Belastbare Aussagen über die Preise von Flugtickets zu formulieren ist derzeit enorm schwer. Auf der einen Seite staunt mancher Fluggast, was Airlines für ein One-Way-Ticket auf einer innereuropäischen Strecke aufrufen, wenn nur sie allein diese Verbindung anbieten. 800 Euro sind da keine Ausnahme – wohlgemerkt in der Economy-Klasse.
Auf der anderen Seite klagen große Anbieter wie Lufthansa, aber auch Airlines etwa in den USA über einen signifikanten Verfall der Ticketpreise auf wichtigen „Rennstrecken“ – etwa denen zwischen Europa und Nordamerika oder zwischen Asien und Europa.
Wie teuer ist Fliegen also? Die Antwort: Im Schnitt ist es ein teures Vergnügen. Zwei Zahlen machen das deutlich. Der monatliche Verbraucherpreisindex für die „Personenbeförderung im Luftverkehr“, den das Statistische Bundesamt erhebt, ist zwischen Anfang 2020 und Juli 2024 um rund 45 Punkte gestiegen. Der Verbraucherpreisindex insgesamt legte im gleichen Zeitraum um etwa 20 Punkte zu.
Die „Inflation am Himmel“ hat mehrere Gründe. Erstens müssen die Fluggesellschaften deutlich steigende Kosten verarbeiten. Höhere Tarifabschlüsse für das Personal und rasant steigende Gebühren lasten auf der Bilanz. Dazu müssen Lücken in der Flotte mit älterem und im Betrieb teurerem Fluggerät gestopft werden, weil neue Flugzeuge verspätet geliefert werden.
Zweitens ist es bislang möglich, diese Kosten zum Teil an die Kundschaft weiterzureichen – in Form teurer Tickets. Den Menschen sind ihre Reisen viel wert. Der Verband World Travel & Tourism Council rechnete vor wenigen Tagen vor, wie viel genau. Danach wird die Reisebranche in diesem Jahr weltweit mit 11,1 Billionen US-Dollar zum globalen Bruttoinlandsprodukt beitragen. Das sind elf Prozent mehr als 2023.
Die Budgets der Fluggäste sind endlich
Die Airlinemanager hoffen, dass sich das so fortsetzen wird. Schließlich werden die Ausgaben auf ihrer Seite weiter steigen. Ab Anfang kommenden Jahres müssen Fluggesellschaften in Europa zum Beispiel das teure synthetische Kerosin SAF beimischen.
Doch weiterhin hohe Flugpreise sind keineswegs gesetzt. Die Budgets der Menschen sind endlich. In einer Umfrage im Auftrag der European Travel Commission in diesem Sommer nannten 21 Prozent als größte Sorge die hohen Reisekosten und 16 Prozent die persönlichen Finanzen.
Hinzu kommt: Sobald es die großen Flugzeughersteller Airbus und Boeing schaffen, bestellte Flugzeuge wieder planmäßiger zu übergeben, wird es mit der bisherigen Kapazitätsdisziplin mancher Airlinemanager vorbei sein. Dann gilt es, mit möglichst viel Angebot zu günstigen Preisen dem Rivalen, der vielleicht gerade um schwarze Zahlen kämpfen muss, Marktanteile abzujagen.



Die Hoffnung auf anhaltend hohe Ticketpreise könnte eine trügerische sein.
Mehr: Aufsichtsrat macht Druck: Lufthansa soll mit der Kernmarke nur noch Langstrecke fliegen





