Kommentar: Friedrich Merz ist für die meisten Frauen unwählbar geworden


Es gibt Momente, da bricht sein Gesellschaftsbild einfach aus ihm heraus, da kann Friedrich Merz nicht anders. Und das, obwohl sich der Kanzlerkandidat der Unionsparteien eigentlich alle Mühe gibt, sein altes Image als gesellschaftspolitisch rückwärtsgewandter Alphamann loszuwerden.
„Frauen machen die Politik besser“, schrieb er kürzlich in seinem wöchentlichen Newsletter „Merz-Mail“. Er hat die Sache mit der Kanzlerkandidatur wohl einmal durchgerechnet und gemerkt, dass es für seinen Lebenstraum knapp werden könnte, wenn ihn die weibliche Hälfte der Bevölkerung nicht wählen will.
Doch der echte Merz zeigt sich nicht in Wahlkampfmails. Der echte Merz zeigt sich, wenn ihm eine Frage gestellt wird. Dann antwortet nicht der feingeschliffene Kanzlerkandidat einer Volkspartei, sondern ein Mann mit einem Frauenbild aus den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts.
In der Sendung RTL/N-TV Frühstart wurde Merz zur Geschlechterparität in einer möglichen unionsgeführten Bundesregierung befragt. Er sprach sich gegen eine Vorgabe aus mit der Begründung: „Das ist so schiefgegangen in der letzten Bundesregierung mit der Verteidigungsministerin“. Er meinte Christine Lambrecht (SPD). Und fügte hinzu: „Wir tun damit auch den Frauen keinen Gefallen.“
Sexismus lässt sich am besten entlarven, wenn man ihn umdreht. Zeigt der Rücktritt von Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) als Verteidigungsminister 2011, dass man Männern mit solchen Ämtern keinen Gefallen tut? Dieses Argument käme nie über Merz' Lippen. Noch haarsträubender ist, dass Merz Männer in der Machtposition sieht, „den Frauen“ einen „Gefallen“ zu tun, indem sie ihnen politische Ämter geben.
Ein Bärendienst für die konservative Politik
Es gibt weitere Beispiele. Als Merz von der „Bild“ gefragt wurde, ob er in ein Taxi mit einem Fahrer mit „Palästinensertuch“ einsteigen würde, antwortete er: „Als Mann wahrscheinlich ja, als Frau wahrscheinlich nicht“. Denn er habe als Mann ein anderes Selbstbewusstsein und könne einen anderen Respekt in Anspruch nehmen.
Abgesehen von der fragwürdigen Unterstellung, dass ein Taxifahrer mit Kufiya eine Gefahr darstellt: Dass Merz Frauen per se mangelndes Selbstbewusstsein unterstellt, zeigt sein reaktionäres Gesellschaftsbild.
Friedrich Merz erweist der konservativen Politik mit seinen Aussagen einen Bärendienst. Er sehnt sich nach einer Zeit zurück, in der Frauen kaum Selbstbewusstsein hatten und für Führungspositionen auf Gefallen der Männer angewiesen waren. Für die allermeisten Frauen, auch die konservativen, ist das eine furchtbare Vision für unser Land.

Erstpublikation: 17.10.2024, 16:03 Uhr





