Kommentar: Für eine Trendwende beim Wohnungsbau fehlt etwas Wesentliches

In den vergangenen Jahren war der Wohnungsbau in Deutschland nur selten mit positiven Nachrichten verbunden. Doch es gibt sie noch. Gerade meldete das Statistische Bundesamt für die ersten zehn Monate des Jahres ein Plus von 14 Prozent bei den Baugenehmigungen im Vorjahresvergleich.
In den Wohnungsmarkt ist also wieder etwas Bewegung gekommen. Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD), seit Mai im Amt, hat mehrere Impulse gesetzt. Dazu zählt etwa der sogenannte Bau-Turbo, der es Kommunen ermöglicht, Wohnungsbauprojekte innerhalb von nur drei Monaten zu genehmigen. Zudem hat Hubertz den 2022 ausgelaufenen, aber beliebten Förderstandard EH55 noch vor Jahresende reaktiviert, um aufgeschobene Bauvorhaben wieder anzustoßen.
Angesichts des enormen Wohnungsmangels, insbesondere in den Ballungsräumen, bleiben die Zahlen jedoch weit hinter dem tatsächlichen Bedarf zurück. Der Wohnungsbau steckt seit mehr als drei Jahren in einer Dauerkrise, ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die darauffolgenden Energiepreissteigerungen, der Zinsanstieg und die Explosion der Baukosten ließen den Markt einbrechen.
Die niedrigen Baugenehmigungszahlen der vergangenen Jahre machen sich nun deutlich bemerkbar. Branchenexperten rechnen in diesem Jahr mit lediglich rund 225.000 neuen Wohnungen – etwa 25.000 weniger als 2024. Das Bild für 2025 werde daher weiterhin nicht rosarot sein, sagte Hubertz kürzlich in einem Interview mit dem Handelsblatt.
Branche erwartet mehr Tempo
Das ist beschönigend formuliert. Von einer wenigstens annähernd rosaroten Lage ist die Bau- und Wohnungswirtschaft weit entfernt. Für einen echten Aufschwung braucht es deutlich mehr. Mit den Eckpunkten zum „Gebäudetyp E“ hat die Bundesregierung zwar die Grundlage dafür geschaffen, dass Bauherren künftig von hohen und kostspieligen Standards abweichen können, ohne Haftungsrisiken einzugehen.
Jetzt müssen sie aber schnell umgesetzt werden. Genauso entschlossen sind andere offene Fragen zu klären: etwa die, mit welchen Maßnahmen die Bundesregierung dafür sorgen will, dass der Gebäudesektor klimaneutral wird. Was wird aus dem Gebäudeenergiegesetz oder „Heizungsgesetz“, wie die Union es nennt? Wie sieht die künftige Förderpolitik der Regierung aus?
Der Politik sollte klar sein, dass gesellschaftlich viel auf dem Spiel steht, wenn Wohnen immer teurer wird und Menschen keine bezahlbare Wohnung finden.