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Kommentar Inflationsvergessen und widersprüchlich – Warum Niedrigzinsen kein Grund für eine neue Schuldenpolitik sind

Ökonomen lagen bei ihren Zinsprognosen für 2021 daneben. Dies zeigt: Wer wegen niedriger Zinsen eine neue Schuldenpolitik fordert, handelt inflationsvergessen.
23.08.2021 - 19:38 Uhr Kommentieren
Soll Deutschland sich weiter verschulden? Viele Wissenschaftler befürworten das – ohne sichere Prognose-Grundlage. Quelle: Stefan Boness/Ipon
Der Bundesadler

Soll Deutschland sich weiter verschulden? Viele Wissenschaftler befürworten das – ohne sichere Prognose-Grundlage.

(Foto: Stefan Boness/Ipon)

Die Inflation in Deutschland wird in diesem Jahr bei rund drei Prozent liegen. Das ist kein Grund zur Sorge. Der Anstieg der Verbraucherpreise dürfte vorerst vorübergehend sein. Was allerdings Grund zur Sorge gibt, ist die Geschichte hinter diesen Zahlen. Die Geschichte der falschen Apologeten.

Seit Jahren behaupten viele deutsche Ökonomen, Inflation und Zinsen würden noch lange, etwa bis 2050, niedrig bleiben. Das sei das ökonomische Naturgesetz des 21. Jahrhunderts. Doch genau diese ach so weitsichtigen Ökonomen schaffen es nicht einmal, die Inflation auch nur ein Jahr im Voraus halbwegs vorherzusagen. Die Inflationsrate wird Ende 2021 doppelt so hoch ausfallen wie Ende 2020 prognostiziert.

Nun ist irren menschlich, und Prognosen sind schwierig. Die Entwicklung des Ölpreises war so nicht vorherzusehen, auch nicht die Lieferengpässe bei Rohstoffen. Nicht die falschen Prognosen sind daher das Problem. Sondern die Chuzpe, auf der Annahme von Dauerniedrigzinsen eine neue Schuldenpolitik zu begründen.

Das gefährliche Mantra des Schuldenmachens

Wenn Inflation und Zinsen dauerhaft niedrig sind, wäre es fahrlässig, sich nicht zu verschulden, so das Mantra. Wer das nicht begreife, habe den Schuss nicht gehört, ist ökonomischer Analphabet oder finanzpolitischer Fetischist, der vorm Schlafengehen die schwarze Null anbetet.

Dabei ist vielmehr der, der die Welt aus einem so einseitigen Blickwinkel sieht, inflationsvergessen und schuldenbesoffen. Bemerkenswert ist dabei nicht nur der unerschütterliche Glaube an die eigene Prognosekraft, sondern auch, wie nonchalant über eigene Widersprüchlichkeiten hinweggegangen wird. Über trübe Prognosen zur Schuldentragfähigkeit bis 2050 macht man sich lustig. Aber selbst weiß man genau, dass die Zinsen bis dahin niedrig bleiben. Ah ja!

Die Wissenschaft ist beseelt vom Zeitgeist

Auch Teile der Wissenschaft scheinen beseelt vom unseligen Zeitgeist, zu allem eine klare Haltung entwickeln zu müssen. Doch statt Sicherheiten vorzugaukeln, ist es Aufgabe von Politikberatung, durch kontrafaktisches Denken Lösungsalternativen aufzuzeigen.

Um ein Beispiel zu nennen: Hält die Überalterung der Bevölkerung in den Industriegesellschaften die Zinsen niedrig? Oder bewirkt sie das Gegenteil? Seien wir ehrlich, niemand weiß es.

Über höhere Schulden etwa zur Bekämpfung des Klimawandels lässt sich ja reden. Aber Basis der Debatte dürfen nicht wilde Zinsannahmen sein, die im schlimmsten Fall öffentliche Haushalte in Schieflage stürzen. Der Zweck muss im Zentrum stehen. Schulden sind immer nur so gut wie der Grund, für den man sie macht.

Mehr: Verbraucherpreise auf 30-Jahres-Hoch: Warum die Ökonomen die massive Steigerung nicht erwartet haben

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