Kommentar Keine Angst vor teuren Flugtickets

Die Sorge wächst, dass stärkere Klimaauflagen Flugreisen und damit den Urlaub deutlich verteuern könnten.
Die Klimakrise könnte die Demokratisierung des Fliegens gefährden. Das jedenfalls ist die wachsende Sorge vieler – sowohl in der Luftfahrtbranche als auch in der Politik. Dabei ist Fliegen seit jeher ein Menschheitstraum. Die Vorstellung, dass sich Menschen in die Luft erheben können, galt vor lange Zeit entweder als „göttlich“, oder es war „Teufelszeugs“. Heute ist Fliegen längst Alltag geworden.
Diese gesamtgesellschaftliche Errungenschaft ist aber noch nicht sehr alt. Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte Armut, Fliegen war ein Luxus für Vermögende. Erst das Wirtschaftswunder und dann immer größere Flugzeuge mit modernen Jetantrieben sorgten dafür, dass die Ticketpreise purzelten und das Reisen in der Luft für die meisten möglich wurde. Steht diese Errungenschaft nun auf dem Spiel?
Es ist faszinierend zu beobachten, welchen Spagat die Politik bei dem Thema gerade versucht. Auf der einen Seite ist der Luftverkehr das beliebteste Angriffsziel, wenn es darum geht, strengere Klimavorgaben zu fordern. Die gleichen Politiker zucken aber ganz schnell zurück, wenn die Sprache auf die bedrohte Freiheit des Reisens kommt. Den Wohlstand der Menschen gefährden – das will keiner. Der Urlaubsflug nach „Malle“ soll auch künftig erschwinglich bleiben.
In dieser emotional aufgeheizten Debatte wagt kaum einer, die eine und unverrückbare Erkenntnis auszusprechen: Soll der Luftverkehr seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten, führt kein Weg an einer Verteuerung der Ticketpreise vorbei. Das bedeutet allerdings nicht automatisch, dass Fliegen wieder ein Privileg wird.
Die Fakten: Jeder Deutsche emittierte 2019 im Schnitt pro Kopf 7,9 Tonnen CO2. Ein Flug von Frankfurt nach Lanzarote in der Economy-Klasse verursacht laut CO2-Rechner der ICAO fast 440 Kilogramm Kohlendioxid – emittiert in großer Höhe. Natürlich stößt eine Gasheizung in einem älteren Einfamilienhaus pro Jahr im Schnitt mit vier Tonnen viel mehr CO2 aus. Der Luftverkehr ist also sicherlich nicht der wichtigste Akteur, um das Klima zu retten. Aber er ist eben doch einer.
Fehlentwicklungen in der Luftfahrt müssen korrigiert werden
Gleichzeitig hat es in der Luftfahrt eine Fehlentwicklung gegeben, die korrigiert werden muss. Der teilweise irre Preiswettbewerb macht es Kritikern relativ leicht, den Flugverkehr unter Beschuss zu nehmen. Wer so agiert wie manche Airlines, dem werden sicherlich auch ein paar zusätzliche Umweltauflagen nicht wehtun – so die verbreitete Annahme.

Ganz falsch ist diese nicht. Kampfpreise haben schon immer eine Nachfrage erzeugt, die es sonst nicht geben würde. Das ist kein Phänomen der Luftfahrt. Natürlich können nachhaltige Antriebe und Treibstoffe helfen, die Emissionen beim Fliegen zu reduzieren. Doch es geht auch darum, das Flugzeug weniger zu nutzen, vermeidbare Reisen zu unterlassen.
Ein Verbot von Kurzstreckenflügen würde nichts bewirken, abgesehen davon, dass so etwas rechtlich kaum durchzusetzen sein dürfte. Der effektivste und zugleich transparenteste Hebel ist es, die tatsächlichen Umweltkosten eines Flugs zumindest zum größten Teil abzubilden.
Die große Herausforderung lautet, das mit Bedacht und Augenmaß zu bewerkstelligen. Luftverkehr ist ein globales Geschäft. Eine Steuer auf Kerosin wäre möglich, müsste aber weltweit geregelt werden, sonst drohen massive Wettbewerbsverzerrungen. Es ist allerdings illusorisch anzunehmen, dass sich die Weltgemeinschaft zügig auf so eine Kerosinsteuer einigen wird.
Deutsche Ticketsteuer wäre ein geeigneter Hebel
Die Idee der EU-Kommission, die Airlines stärker als bisher beim Emissionsrechtehandel in die finanzielle Pflicht zu nehmen, ist ebenfalls eine fragwürdige Lösung. Das Risiko ist groß, dass dadurch Verkehre in Nicht-EU-Länder umgeleitet werden, zum Schaden der Umwelt.
Bleibt noch die vor Jahren eingeführte deutsche Ticketsteuer: Lange wurde sie von der Branche bekämpft. Doch sie ist vielleicht das beste Instrument, um die Umweltkosten abzubilden, ohne den Wettbewerb zu verzerren. Sie gilt für alle Airlines, die von deutschem Boden aus starten und Passagiere befördern. Und sie ist nach Flugstrecke gestaffelt.
Sicherlich müsste sie modifiziert werden. Die Einnahmen sollten anders als bisher in die Entwicklung klimafreundlicher Jets fließen. Auch müsste irgendwie geregelt werden, dass Airlines ihre Flugscheine nicht mehr günstiger als die „Gestellungspreise“, also Gebühren und Steuern, anbieten dürfen.
Fliegen könnte auf diese Weise weitgehend wettbewerbsneutral teurer werden, aber tatsächlich nicht so heftig, dass der nächste Mallorca-Urlaub gefährdet wäre. Vielleicht kann er nicht dreimal im Jahr stattfinden. Doch daran hängt nicht die viel zitierte Demokratisierung des Flugverkehrs.
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