Kommentar: Kuka wird zum Testfall für chinesische Investoren in Deutschland
Die Roboter sind wichtiges Element bei der Automatisierung und der Digitalisierung der Produktion.
Foto: dpaIn der Diskussion um Übernahmen in Deutschland durch chinesische Käufer gibt es eine Zeit vor und eine Zeit nach Kuka. Zwar stiegen schon in den zehn Jahren zuvor die chinesischen Direktinvestitionen an. Doch waren die Übernahmeobjekte oft in der Branche bedeutende, in der Öffentlichkeit aber eher unbekanntere Firmen wie zum Beispiel der Spezialmaschinenbauer Krauss-Maffei, der für mehr als 900 Millionen Euro von Chemchina übernommen wurde.
Mit Kuka aber nahm der chinesische Käufer Midea eine deutsche Technologieperle ins Visier. Die Roboter der Augsburger sind wichtiges Element bei der Automatisierung und der Digitalisierung der Produktion. Auch der stolze Kaufpreis von mehr als vier Milliarden Euro zeigte, dass es nicht um ein x-beliebiges Unternehmen ging.
Der Fall Kuka löste eine überfällige Diskussion aus – die in einer Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes mündete. Im Sommer scheiterten schließlich chinesische Investoren am politischen Widerstand mit ihren Versuchen, den Maschinenbauer Leifeld Metal Spinning und den Stromnetzbetreibers 50Hertz zu übernehmen.
So ist es nicht verwunderlich, dass der Musterfall Kuka unter besonderer Beobachtung steht. Es ist zu hoffen, dass der Abgang von Vorstandschef Till Reuter transparent erklärt wird. Der ehemalige Investmentbanker stand für den Deal, den er früh befürwortet hatte. Und er hatte persönlich die Garantien mit den Investoren ausgehandelt, wodurch Arbeitsplätze und Standorte bis Ende 2023 gesichert wurden.
Reuter war der Garant dafür, dass diese auch eingehalten werden. Sein Abgang ist bedauerlich, Reuter hatte Kuka erst zu einem begehrten Technologieunternehmen gemacht. Dabei sei nur am Rande erwähnt, dass westliche Investoren zuvor hinreichend Gelegenheit gehabt hätten, Kuka zu einem Spottpreis zu übernehmen.
Der Fall Kuka zeigt, wie unsicher solche Garantien durch chinesische Eigentümer sind. Zwar steht auch ihnen das Recht zu, den CEO abzulösen, wenn man nicht mehr zufrieden mit der Führung ist. Doch wird an dieser Stelle deutlich: Es fehlt an Transparenz. Bei Übernahmeofferten ist schwer erkennbar, wer hinter den Investoren steckt und wie die Kreditverflechtungen sind.
Zudem ist die Angst vor einem schleichenden Know-how-Transfer nach China nachvollziehbar. Dabei helfen auch Garantien über einige Jahre nur bedingt – chinesische Initiativen sind langfristig angelegt, das zeigt zum Beispiel das Projekt „Made in China 2025“. Die systematische Expansion chinesischer Schlüsselindustrien in die ganze Welt.
Damit kein Missverständnis entsteht: Chinesische Investoren müssen in Deutschland grundsätzlich willkommen sein. Kaum ein Land hat so von freiem Waren- und Kapitalverkehr profitiert wie Deutschland. Globalisierung ist keine Einbahnstraße. Zudem haben viele Unternehmen nach der Übernahme durch Chinesen bislang keinen Grund zum Klagen.
Keine Chancengleichheit
Mit Finanzinvestoren aus dem Westen sind einige zuvor schlechter gefahren. Chinesische Investoren werden nicht von kurzfristigem Quartalsdenken getrieben. Gewerkschaften haben festgestellt, dass diese Eigentümer auch im Abschwung an Jobs festhalten.
Doch ist ebenso klar, dass es keine Chancengleichheit gibt. Es ist kaum vorstellbar, dass ein deutscher Konzern ein chinesisches Hochtechnologie-Unternehmen übernimmt. Ausländische Investoren werden in Joint Ventures gedrängt, an denen Chinesen die Mehrheit halten.
Es ist nur ein kleines positives Signal, dass BMW als erster Autobauer die Mehrheit an einem Joint Venture übernehmen durfte und die Allianz nun als erster ausländischer Versicherer ein Geschäft in China aufbauen darf mit einer Holding, an der kein einheimisches Unternehmen beteiligt ist. Volle Chancengleichheit ist damit aber noch lange nicht hergestellt.
Global geht der Trend zudem derzeit auch in anderen Ländern eher in Richtung Abschottung. In Deutschland muss daher eine offene Diskussion geführt werden, welche sicherheitsrelevanten Unternehmen und Schlüsseltechnologien einen besonderen Schutz verdienen. Im Umgang mit dem Thema gab es hierzulande eine gewisse Naivität.
Ordnungspolitisch gibt Deutschland oft den Musterknaben, während andere nach ihren eigenen Regeln spielen. Die Verschärfung der Regulierung auf europäischer Ebene war daher überfällig, die Reform des deutschen Außenwirtschaftsgesetzes muss weitergehen.
Und bei Kuka? Das Unternehmen ist technologisch interessant, doch sollte seine Bedeutung für die deutsche Wirtschaft auch nicht überbewertet werden. Die Robotik macht nur einen Teil der Erlöse aus, und schwere Roboter zum Beispiel für die Autoindustrie sind keine Zauberei mehr.
Es ist zu hoffen, dass sich Midea weiterhin an die Vereinbarungen hält und wesentliche Entwicklungskapazitäten in Deutschland lässt. Käme es anders, dürfte der Widerstand gegen weitere Übernahmen durch Chinesen in Deutschland wachsen.