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KommentarLindner-Vorstoß: Her mit dem Chlorhuhn!

Die westliche Hemisphäre muss zu einem großen Freihandelsraum umgebaut werden. Die Alternative ist wenig verlockend: mehr Abhängigkeit von China.Martin Greive 19.03.2022 - 18:00 Uhr Artikel anhören

Demonstration gegen das Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU aus dem Jahr 2016. Nun soll es einen neuen Anlauf für ein Abkommen geben.

Foto: dpa

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Ausgerechnet das große Exportland Deutschland hat sich in eine aberwitzige Anti-Freihandels-Pose geworfen. In dem Illusionsgebilde des niemals zu Ende gehenden Wachstums haben sich linke Globalisierungsgegner, wohlsituiert-hedonistische Bürgerliche und US-Kritiker am Lagerfeuer der Sozialromantik zusammengerottet, um sich nach der Finanzkrise in ihrem Widerstand gegen das geplante Freihandelsabkommen mit den USA das kapitalismuskritische Gemüt zu wärmen.

Symbol des Widerstands war das amerikanische Chlorhuhn, das angeblich bald auf deutschen Tellern landet. Man war nicht mal in der Lage, ein fertig ausgehandeltes Handelsabkommen mit dem Super-Sympathie-Staat Kanada zu ratifizieren. Mit Ka-n-a-da!

Der Ausbruch des Ukrainekrieges hat Systemfehler der deutschen Politik offengelegt. Zu diesen Systemfehlern gehört auch die deutsche Freihandels-Paranoia. Wenn Christian Lindner ein neues Freihandelsabkommen mit den USA vorschlägt, mag das nach dem Scheitern von TTIP zunächst abseitig, weil unrealistisch klingen. Aber in der Sache hat Lindner völlig recht: Wann, wenn nicht jetzt, sollten die USA und Europa wirtschaftlich enger zusammenrücken?

Schon vor dem Ukrainekrieg bekam Deutschland einen Vorgeschmack auf die neue Weltwirtschaftsunordnung. Die USA und China brachen einen Handelskrieg vom Zaun. Und je stärker China wirtschaftlich wird, desto mehr versucht es, autarker vom Westen zu werden.

Der Ukrainekrieg sollte allen die Augen öffnen. Der latente Antiamerikanismus muss überwunden und die westliche Hemisphäre zu einem großen Freihandelsraum  werden. Nur dann werden sich die Wohlstandsverluste durch die Verringerung wirtschaftlicher Abhängigkeiten und durch die sich abzeichnende Neuordnung der Weltwirtschaft abfedern lassen.

Wer das nicht will, kann zwischen zwei Alternativen wählen: Entweder nimmt er Wohlstandsverluste hin, also dass alle ärmer werden. Oder er begibt sich in die nächste Abhängigkeit: in die des chinesischen Überwachungsstaates.

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