Kommentar: Nach Irans Vergeltung droht ein offener Krieg mit den USA
Demonstranten setzten während einer Kundgebung eine Kartonfigur von US-Präsident Trump in Brand.
Foto: dpaNun ist eingetreten, was alle erwartet – und befürchtet – hatten: ein direkter Angriff aus dem Iran auf amerikanische Stützpunkte im Irak. Nicht ausgeführt von irgendwelchen Milizen, die unter Teheraner Einfluss stehen, sondern vom regulären iranischen Militär – und das noch mit vorheriger Ankündigung der Regierung.
Das hat eine neue Qualität – und US-Präsident Donald Trump wird nicht anders können, als diese Operation als das aufzufassen, was sie ist: eine Kriegserklärung.
Nun droht tatsächlich ein heißer Krieg zwischen den USA und dem Iran. Denn Trump ist in seinen drei Jahren als Präsident durch vieles aufgefallen: Besonnenheit gehört nicht dazu. Er wird – wie angekündigt – hart zurückschlagen. Schon mit der staatlichen Exekution des iranischen Generalmajors Ghassem Soleimani in Bagdad hatte Trump gleich mehrere Eskalationsstufen übersprungen.
Die Entscheidung über Krieg und Frieden liegt nun in den Händen eines Mannes, der nicht auf Berater hört und von rationaler Abwägung der Folgen seines Handelns wenig hält. Trump folgt seinen Instinkten und trifft Entscheidungen mit großer Tragweite nach Tageslaune. Das ist in einer solchen, ebenso komplexen wie explosiven Lage alles andere als vertrauensbildend.
Eigentlich wollte Trump sein Land aus diesen „lächerlichen, endlosen Kriegen“ in dieser Weltgegend heraushalten, wo Amerika seiner Ansicht nach nichts mehr zu suchen hat, es denn, um den einen oder anderen Waffendeal abzuschließen. Nun aber steckt Trump mittendrin – teilweise selbstverschuldet.
Der US-Präsident könnte der Angriff der iranischen Revolutionsgarden als Kriegserklärung auffassen.
Foto: APSollte es das Ziel Trumps gewesen sein, mit der Tötung des iranischen Generals Soleimani den Einfluss Irans in der Region einzudämmen, dann ist diese Taktik krachend gescheitert. Die Iraner, die in den vergangenen Monaten in landesweiten Protesten die Legitimation der Islamischen Republik offen infrage stellten, scharen sich nun hinter ihrer Führung.
Und nun steht sogar die Präsenz der US-Truppen im Irak zur Disposition. Die Souveränität des Iraks ist ohnehin bedroht. Ohne amerikanische Unterstützung aber wird das Land vollständig zum Vasallenstaat Teherans.
Natürlich hat der Iran, der wegen der harten Sanktionen eine schwere Wirtschaftskrise durchlebt, zuletzt kaum eine Gelegenheit ausgelassen, den „Todfeind“ Amerika zu provozieren. Der Abschuss einer US-Drohne über dem Golf, die Angriffe auf saudische Ölanlagen und zuletzt der symbolträchtige Sturm auf die US-Botschaft in Bagdad – alle diese Aktionen waren ohne Zweifel von Teheran aus gesteuert, wenn auch verdeckt.
Die „Operation Märtyrer Soleimani“, wie die Iraner ihre Vergeltung nennen, allerdings lässt keinen Spielraum mehr für Interpretationen. Die Iranpolitik Trumps begann mit der Kündigung des Atompakts, es folgte die völlige Isolation Irans von der Weltwirtschaft. Am Ende kommt es womöglich zu einem heißen Krieg, den niemand wollen kann.
Mehr: Mindestens zwei auch von US-Soldaten genutzte Militärstützpunkte im Irak sind mit Raketen aus dem Iran angegriffen worden. Irans Revolutionsgarden warnen die USA vor Gegenangriffen.