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KommentarPutins Atomdrohung – Die Nato muss die Abschreckung hochhalten

Der Kreml-Chef droht nicht zum ersten Mal mit dem Einsatz von Nuklearwaffen. Aber im Westen wird zu Recht die Frage gestellt, wie glaubwürdig die neue Atomdoktrin ist.Frank Specht 20.11.2024 - 15:11 Uhr
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Russische Iskander-Rakete: Kreml-Chef Wladimir Putin hat eine neue Atomdoktrin für sein Land inkraft gesetzt. Foto: -/Russian Defense Ministry Press

Man kann Wladimir Putin vieles vorwerfen. Dass ihm Menschenleben nichts bedeuten. Dass er das humanitäre Völkerrecht mit Füßen tritt. Dass er sich mit Pariastaaten verbündet, um das russische Imperium wiederherzustellen.

Eines wird man dem Kreml-Chef aber nicht absprechen können: dass er ein Gespür für theatralische Symbolik hat. Am 1000. Tag des Angriffskriegs in der Ukraine und am Tag, als erstmals amerikanische Atacms-Raketen auf russischem Territorium einschlagen, unterzeichnet der Präsident die neue Atomdoktrin seines Landes. Tusch!

Putins Kettenhund Dmitri Medwedew sekundiert sofort: Als Antwort auf den Einschlag von Nato-Raketen auf russischem Territorium könnte Russland Kiew oder Nato-Einrichtungen überall auf der Welt mit Massenvernichtungswaffen angreifen. Droht der Dritte Weltkrieg?

Drei Gründe sprechen dagegen.

Putin droht seit Beginn des Ukrainekriegs mit der nuklearen Trumpfkarte – und findet damit in den Echokammern von AfD und BSW in Deutschland Gehör. Doch Drohungen werden durch ständige Wiederholung nicht glaubwürdiger. Das gilt auch im aktuellen Fall. Der Nationale Sicherheitsrat hatte die Doktrin bereits im September abgesegnet. Dass Putin erst jetzt seine Unterschrift daruntersetzte, zeigt nur, dass er sich als Meister der Inszenierung versteht.

Schon die alte Atomdoktrin schloss einen nuklearen Erstschlag nicht aus, sollte Russland mit einem existenzbedrohenden konventionellen Angriff konfrontiert werden. Abgesehen davon, dass Russland zuerst in die Ukraine einmarschiert ist: Angesichts der bislang sehr begrenzten ukrainischen Gegenschläge auf russischem Territorium kann von einer existenzbedrohenden Situation für Russland sicher noch nicht die Rede sein. Und der Westen tut alles, damit es nicht so weit kommt.

Womit wir beim zweiten Grund wären. Warum sollte Putin ausgerechnet jetzt, wo er seinen Kriegszielen so nahe ist wie seit den ersten Tagen des Angriffs nicht mehr, auf die erweiterte Doktrin zurückgreifen und doch noch die nukleare Karte spielen?

Er würde damit nicht nur seinen engen Verbündeten China verprellen, der den Nuklearwaffeneinsatz klar als rote Linie definiert hat. Sondern auch den künftigen US-Präsidenten Donald Trump, der – gemessen an seinen bisherigen Äußerungen – ja ohnehin bereit ist, durch ein Zurückfahren der Hilfen dem Kreml in der Ukraine weitgehend freie Hand zu lassen.

Putin muss doch nur abwarten, bis sich der Machtwechsel im Weißen Haus vollzogen hat. Denn ohne amerikanische Unterstützung ist die Ukraine verloren, wie Präsident Wolodimir Selenski gerade noch einmal deutlich gemacht hat.

Drittens: Putin braucht die nukleare Option nicht, weil er auch so den Krieg fast nach Belieben eskalieren kann. Dass die USA ihre Botschaft in Kiew in Erwartung eines massiven Luftangriffs vorübergehend geschlossen haben, spricht Bände. Der Zermürbungskrieg durch die Zerstörung der Energieinfrastruktur vor dem Wintereinbruch ist in vollem Gange. Und dem hat der Westen derzeit wenig entgegenzusetzen. Ein „Einfrieren“ des Krieges sei für ihn keine Option, ließ Putin gerade wieder verlauten.

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Doch auch wenn nun nicht unmittelbar das Armageddon droht, sollte man Atomdrohungen des unberechenbaren Kreml-Herrschers auch nicht leichtfertig vom Tisch wischen. Denn sollte Russland tatsächlich in einigen Jahren ein Nato-Land im Baltikum angreifen und eine taktische Atomwaffe zünden: Wie würde das Bündnis reagieren? Würde es für Litauen wirklich einen nuklearen Gegenschlag führen?

Damit Russland gar nicht erst in Versuchung kommt, sollen amerikanische Mittelstreckenraketen und Flugabwehrsysteme in Deutschland stationiert werden. Dagegen regt sich hierzulande teils massiver Widerstand, längst nicht nur bei AfD und BSW. Setzt sich dieser durch, könnte aus Putins nuklearer Drohung angesichts eines wehrlosen Gegners irgendwann bitterer Ernst werden.

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