Kommentar: Warum der Weltspartag eine große Mogelpackung ist

Der Weltspartag hat schon lange die Strahlkraft verloren, die er einmal hatte. Das mag daran liegen, dass landauf, landab viele Bankfilialen verschwunden sind. Dennoch ist der Weltspartag ein Tag, der jedes Jahr aufs Neue begangen werden sollte, allerdings ganz anders, als wir es bislang tun. Denn das, was uns Sparerinnen und Sparern seit Jahrzehnten am Weltspartag erzählt wird, hat wenig mit langfristigem und sinnvollem Vermögensaufbau zu tun.
Wer einen Blick auf die Websites diverser Sparkassen, Volksbanken und Privatbanken wirft, wird zum Weltspartag massenweise Sparbriefe, Sparkonten und Festgeldangebote sehen. Deren Zins bringt aber, abzüglich der Inflation, kaum reale Rendite. Das ist nicht erst seit der Niedrigzinsphase der 2010er-Jahre so und bringt vor allem Kindern, die vielleicht an diesem Tag mit dem Sparschwein unter dem Arm eine der wenigen noch verbliebenen Filialen aufsuchen, wenig. Auch Erwachsene, ganz gleich welchen Alters, die auf Sicht von 15 Jahren und langfristig sparen wollen, brauchen Alternativen.
Diese Alternativen sind da, alle Banken bieten sie an, und hier ist ein gewisser erzieherischer Antrieb seitens der Institute gefragt. Sparbriefe und Sparpläne sind sichere und sinnvolle Geldanlagen, aber nicht um Vermögen aufzubauen. Es kann nicht oft genug geschrieben werden: Wer heute 1000 Euro in einen breit aufgestellten, weltweit investierenden Aktien-ETF oder Aktienfonds investiert, hatte in der Vergangenheit spätestens nach zwölf Jahren mindestens 2000 Euro. Mit einem Festgeld, das über die Jahre im Schnitt zwischen 2,5 und drei Prozent bietet, waren 1300 Euro drin.
Es liegt auch an uns
Erste Banken und Sparkassen ändern bereits ihre Kundenansprache. Aber das wird nicht reichen. Es liegt auch an uns, dass wir vom Sparer zum Anleger werden. Dieser Schritt ist bitter nötig. Sinnvolle Ergänzungen zur gesetzlichen Rente kommen im politischen Betrieb zwar immer wieder auf den Tisch, werden dann aber von Bedenkenträgern zerredet und verschwinden viel zu schnell wieder in der Schublade. Die Aktienrente wäre auch ohne das Ende der Ampelkoalition verschwunden. Der Frühstartrente kann ein ähnliches Schicksal drohen.
Daher sollten wir den Weltspartag neu denken und begehen als einen Tag des sinnvollen, langfristigen Anlegens. Vielleicht kommt der eine oder andere Erwachsene heute auf die Idee, für den eigenen Nachwuchs oder die Kinder in der Familie oder von Freunden ein Depot zu eröffnen. Nicht nur unsere Volkswirtschaft braucht mehr Menschen, die investieren. Übrigens: Nicht nur Kinder sind wegen ihres gigantischen Anlagehorizonts die geborenen Aktionäre.
