1. Startseite
  2. Meinung
  3. Kommentare
  4. Kommentar: Warum Hassett eine Gefahr für die Fed darstellt – trotz aller Beschwichtigungen

KommentarWarum Hassett eine Gefahr für die Fed darstellt – trotz aller Beschwichtigungen

Die Zinssenkung der Notenbank ist gerechtfertigt. Doch wichtiger als geldpolitische Argumente ist die Frage, ob ein Fed-Chef Kevin Hassett die Unabhängigkeit wahren würde. Es gibt begründete Zweifel.Jens Münchrath 11.12.2025 - 00:54 Uhr aktualisiert
Artikel anhören
US-Präsident Donald Trump, Kevin Hassett: Der Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats hat gute Chancen auf den Fed-Vorsitz. Foto: Bloomberg, Reuters, Getty Images, brckmnn [M]

Jede, der bisherigen Sitzungen der US-Notenbank seit Beginn der zweiten Präsidentschaft Donald Trumps war anders als die vorangegangene. Allein deshalb, weil die Finanzmarktakteure sich immer fragen mussten und müssen, ob der Offenmarktausschuss die geldpolitischen Entscheidungen auf Basis ökonomischer Daten getroffen hat. Oder ob doch auch ein politisches Kalkül dahinterstecken könnte.

Denn es ging zuletzt für die nüchternen Technokraten der Fed immer auch um eine Abwehr gegen einen zinspolitisch übergriffigen Mann im Weißen Haus. Am Ende ist es ein Kampf um die Unabhängigkeit der einflussreichsten Notenbank der Welt.

Trump versucht nicht einmal, seinen Einfluss heimlich geltend zu machen. Er übt gezielt Druck auf den scheidenden Fed-Chef Jerome Powell aus, damit dieser die Zinsen senkt. Er macht es öffentlich und er macht es in einer persönlich herabwürdigenden Art und Weise.

Das bringt die Notenbank in eine unmögliche Lage. Powell, der im Mai turnusgemäß ausscheidet, schlägt sich in diesem widrigen Umfeld tapfer. Mit stoischer Gelassenheit ignoriert er die ständigen Attacken Trumps. Das ist bewundernswert, ändert aber nichts an dem Problem, dass der Zweifel da ist.

US-Wirtschaft immer noch im Blindflug

Mit der jetzigen Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte auf 3,5 bis 3,75 agiert Powell auf Trumps Druck. Der Schritt ist ebenso erwartet wie gerechtfertigt – in Teilen zumindest.

Die US-Volkswirtschaft sendet widersprüchliche Signale. Der Arbeitsmarkt zeigte zuletzt Zeichen der Schwäche, auch wenn sich die Arbeitslosenquote im September mit 4,4 Prozent im historischen Vergleich noch immer auf einem niedrigen Niveau befindet. Im Juni allerdings lag der Wert noch bei 4,1 Prozent. Die Wirtschaft wächst noch, aber auch hier zeigen sich erste Zeichen der Schwäche. Beides rechtfertigt die dritte geldpolitische Lockerung in Folge.

Die Inflation dagegen liegt mit zuletzt drei Prozent immer noch weit genug über dem Fed-Ziel von zwei Prozent. Und sowohl die Steuersenkungen als auch die Strafzölle, die nach und nach in die Preise einsickern, wirken inflationstreibend.

Da das Mandat der Fed sowohl die Entwicklung des Arbeitsmarktes als auch der Inflation erfasst, gab es also insgesamt einen Ermessensspielraum. Gründe, zumindest eine Zinspause einzulegen, hätte es durchaus gegeben. Hinzu kommt, dass die US-Ökonomie wegen des Shutdowns und mangelnder statistischer Daten im Blindflug unterwegs war, und immer noch ist. Es fehlen die Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten von Oktober.

Kann sich die Fed gegen den Trumpismus uir Wehr setzen?

Soweit die geldpolitischen Argumente in der kurzen Frist. Viel wichtiger jedoch ist die Frage, wie es mit der Notenbank weitergeht, wenn Kevin Hassett, der Wirtschaftsberater Trumps, wie von Trump selbst angedeutet, im Mai Powells Nachfolge antritt.

Dann nämlich wird es um die Frage gehen, ob die Notenbank als eine der letzten institutionellen Bastionen des Landes sich dem Trumpismus erwehren kann.

Das Problem an Hassett ist nicht seine Qualifikation, er gilt als kenntnisreicher und respektierter Ökonom. Das Problem sind auch nicht seine Überzeugungen. Er bekennt sich zur Unabhängigkeit der Zentralbank, sieht sie als eine der großen wirtschaftspolitischen Errungenschaften vergangener Jahrzehnte.

Das Problem allerdings ist seine Loyalität gegenüber Trump. Die geht  sogar so weit, dass er Trumps Zollpolitik, die er gegen jeglichen ökonomischen Sachverstand betreibt, nicht nur mittträgt oder verteidigt. Er hat sich sogar tatkräftig an der Entwicklung der Handelspolitik beteiligt.

Bereits seit geraumer Zeit spricht sich Hassett auffällig oft, wie sein Chef, für Zinssenkungen aus. Die US-Bürger würden erwarten, dass „der Präsident einen Fed-Chef auswählt, der ihnen helfe, günstige Kredite für Autos und Häuser zu bekommen“.

Das hätte Trump selbst nicht schöner formulieren können. Es passte nicht zu den sonst eher abwägenden Worten des Ökonomen. Es klang schon jetzt wie ein Verrat an der Idee einer unabhängigen Notenbank.

Trump will die Fed zur Unterabteilung des Weißen Hauses machen

Der Präsident hat mit Stephen Miran bereits jetzt schon einen Erfüllungsgehilfen in der Notenbank platziert. Auch er war ökonomischer Berater Trumps, der sein Amt für die Zeit bei der Fed ruhen lässt. Auch er ist Befürworter von Zinssenkungen. So ist es auch kein Zufall, dass er am Mittwoch gegen die Zinssenkung um einen Viertel-Prozentpunkt stimmte, weil er wie schon bei der vorangegangenen Sitzung einen noch größeren Schritt um einen halben Prozentpunkt gefordert hatte.

Es gibt also gute Gründe, sich Sorgen um die Glaubwürdigkeit der mit Abstand wichtigsten Notenbank der Welt zu machen. Trump will die Federal Reserve zu einer Art Unterabteilung des Weißen Hauses degradieren. Seinen Willen und seine Durchsetzungsstärke zu unterschätzen, war noch nie ein guter Rat. Und sollte ihm das tatsächlich gelingen, wird das weit über amerikanische Grenzen hinaus Wirkung entfalten.

Fed-Chef zu sein, ist „der einfachste Job der Welt“, lästerte Trump neulich. Man spiele „28, oder 29 Tage Golf, hält dann eine kleine Rede, erzählt ab und zu falsche Dinge – wie im Fall des jetzigen Chefs“, plauderte der Präsident.  Und weiter:  „Aber wenn man ein gutes Gespür hat, weiß man, dass alles auf Intuition basiert.“

Verwandte Themen Fed Donald Trump Jerome Powell Inflation Konjunktur USA

Nun gut, das Gespür des Präsidenten würde ihn wohl stets dazu verleiten, die Zinsen nahe Null zu senken. Mit günstigen Krediten kann man schließlich schöne Deals machen.

Das Gespür allerdings will nicht so recht mit der Intuition des talentierten Wahlkämpfers zusammenpassen, dass steigende Preise in den seltesten Fällen ein Erfolgsrezept bei Wahlen waren. Es bleibt also spannend.

Mehr: „Trumps handelspolitisches Kalkül wird nicht aufgehen“

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt