Kommentar: Warum sich der Westen mit den Partnern im Indo-Pazifik schwertut


Beim Besuch von Kremlchef Wladimir Putin lobt Vietnams Präsident To Lam in dieser Woche die „innenpolitische Stabilität“ Russlands und will die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen ausbauen. In Malaysia spricht Regierungschef Anwar Ibrahim vom „wahren Freund“ China und tut Sorgen vor einer Dominanz des Landes beim Besuch des chinesischen Premiers Li Qiang als „Propaganda“ ab.
Diese Woche zeigt einmal mehr, dass sich viele Staaten in der Indo-Pazifik-Region, die gerade die USA und Europa so intensiv als Partner umwerben, in der weltpolitischen Spaltung nicht festlegen wollen. Sie pflegen ihre Beziehungen zu allen Ländern, sprechen von außenpolitischer Neutralität, genießen Aufmerksamkeit und Investitionen, die ihnen bei der Umgarnung als Partner zugutekommen.
Thailand und Malaysia wollen BRICS beitreten
Die vietnamesische Führung nennt das „Bambusdiplomatie“ – feste Wurzeln, aber biegsam nach allen Seiten. Eine strategische Partnerschaft mit den USA und Russland ist da kein Problem. Forderungen wie die von Kanzler Olaf Scholz bei seinem Besuch in Hanoi im November 2022, die Bundesregierung wünsche sich von Hanoi „eine klare Positionierung im Ukrainekrieg“, verhallen.
Nicht nur in Vietnam: Indien unterschreibt die Abschlusserklärung des Ukraine-Friedensgipfels in Luzern nicht. Singapurs neuer Premier Lawrence Wong will außenpolitisch „Freund mit allen“ sein. Thailand plant für den Herbst ebenso wie Malaysia den Beitritt zum Staatenbund BRICS, der unter anderem von China und Russland gegründet wurde.
Es ist richtig, dass die USA und Europa die Indo-Pazifik-Region zu einem außenpolitischen Schwerpunkt machen – dort lebt die Hälfte aller Menschen. Es wäre aber naiv, dadurch ein rasches Umschwenken zu erwarten. Dafür ist China für die meisten Staaten zu wichtig, Russland ein noch immer zu wichtiger Waffen- und Energielieferant, der Ukrainekrieg zu weit weg.
EU sollte bei Handel und Sicherheit ansetzen






Hinzu kommt, dass Europa und die USA in Süd- und Südostasien als erratisch gelten – und hieran könnten sie etwas ändern. Es war ein großer Fehler, dass die USA das asiatisch-pazifische Freihandelsabkommen TPP 2017 aufgegeben haben. Das unter Joe Biden gestartete Indo-Pazifische-Wirtschaftsabkommen wird in seiner jetzigen Form in Asien nicht als adäquater Ersatz wahrgenommen.
Und die EU? Die Mitgliedsländer haben in Asien zuweilen divergierende Positionen. Handelsabkommen ziehen sich in die Länge. Diese aber sind ein wichtiges Instrument, Partner in der Region an sich zu binden. An Wandel durch Handel glaubt niemand mehr, aber Stabilität durch Handel kann es geben. Der Wunsch nach sicherheitspolitischer Stabilität – Stichwort Taiwan und südchinesisches Meer – und einem funktionierenden multilateralen Handelssystem einen Europa und viele Staaten im Indo-Pazifik. Hier sollte Europa ansetzen.
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