Kommentar: Wie Trump den Westen spaltet und die G7 zur Farce macht


Seit ihrer Gründung vor 50 Jahren sind die Gipfel der „Gruppe der Sieben“ (G7) eine politische Demonstration ökonomischer Stärke. In ihren besten Momenten war die G7 jedoch mehr: Der Klub der sieben großen demokratischen Industrienationen fungierte als globale Ordnungsmacht, erließ Wirtschaftssanktionen gegen Russland, schmiedete einen Wiederaufbauplan für die Ukraine oder beschloss Reaktionen auf Chinas Wirtschaftspolitik zulasten anderer.
Mit der Wahl Donald Trumps ist von der Gestaltungsmacht der G7 nicht mehr viel übrig. Der US-Präsident hat aus der mächtigsten westlichen Staatenformation einen Klub von Rivalen gemacht. Die G7 erinnert nicht mehr an eine Gemeinschaft Gleichgesinnter, sondern an eine Gang, in der ein Schulhofschläger immer wieder eine Rauferei mit seinen besten Kumpeln anzettelt und die anderen nur noch versuchen, mit möglichst wenig blauen Flecken davonzukommen.
Seit seinem Amtsantritt hat Trump jeden einzelnen seiner G7-Partner mit einem beispiellosen Zollkrieg überzogen. Seinen Kulturkampf gegen „Wokeness“ trägt er sogar bis in deutsche und französische Unternehmen hinein. Dort will der US-Präsident erreichen, dass sie ihren Einsatz für Minderheiten beenden.
Gerne würde Trump Russland wieder in die G7 holen, während er sich Kanada, Gastgeber des diesjährigen G7-Gipfels, als 51. Bundesstaat einverleiben möchte. Eindrücklicher kann ein US-Präsident nicht zeigen, was er von alten Verbündeten hält.
Der Gipfel der G7 diese Woche ist daher eine Feuertaufe. Gelingt es trotz des „Chief Disruptors“ aus dem Weißen Haus, ein Signal an den Rest der Welt zu senden, dass mit dem Westen zu rechnen ist? Oder wird Trump, wie schon beim letzten Treffen in Kanada 2018, den Gipfel sprengen? Seinerzeit verließ er ihn frühzeitig, um anschließend seine Zustimmung zur Abschlusserklärung zurückzuziehen und den damaligen kanadischen Premier zu beleidigen.
Kritiker halten die G7 seit jeher für überschätzt. Sie sehen in dem Format nichts weiter als eine teure Selbstinszenierung von Regierungschefs. Diese müssen an immer entlegenere Orte der Welt, wie die kanadischen Rocky Mountains, flüchten, um nicht Großprotesten ausgesetzt zu sein. Tatsächlich produzieren die Zusammenkünfte mehr salbungsvolle Gipfelerklärungen als Entscheidungen. Und dennoch sind die G7-Treffen für den Westen so wichtig wie kein anderes Forum.
Im Jahr 1975 tagte die „Gruppe der Sechs“ (G6) erstmals in Frankreich. Zu dieser Zeit kam es zu Ölpreisschocks, und der damalige US-Präsident Richard Nixon kündigte die Abkopplung des Dollars vom Goldstandard an. Heute sind die Erschütterungen im Weltwirtschaftssystem ähnlich groß wie damals. Und wie vor 50 Jahren wurde auch dieses Mal das Beben in der Weltwirtschaft von einem US-Präsidenten ausgelöst, der unter anderem das Ziel verfolgt, den Dollar als Weltwährung zu schwächen.
Es sind keine Fortschritte zu erwarten
Unter diesen Voraussetzungen sind vom G7-Gipfel keine großen Fortschritte zu erwarten – weder im Handelskonflikt noch in der Nahost- oder Ukrainepolitik. Der Gipfel würde schon als Erfolg gelten, wenn es nicht zu einem großen Eklat käme.






Das ist auch deshalb tragisch, weil sich die multilaterale Ordnung zugleich in einer Krise befindet und Institutionen wie die Welthandelsorganisation oder die Vereinten Nationen handlungsunfähig geworden sind. In der Runde der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20), in der auch China und Russland vertreten sind, lesen sich die Regierungschefs schon lange nur noch Sprechzettel vor.
Die G7 ist das einzige Format, das in der Lage wäre, Probleme zu lösen. Doch mit seiner unerbittlichen Politik gegen die engsten Verbündeten hat Trump auch dieses Forum lahmgelegt. Allerdings gerät der US-Präsident langsam unter Druck. Innenpolitisch bröckeln seine Umfragewerte, und außenpolitisch sieht er sich mit gleich zwei Kriegen – in der Ukraine und im Nahen Osten – konfrontiert, in die er nicht hineingezogen werden will. Auch Trump könnte langsam mal ein paar Verbündete gebrauchen.
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