Kommentar: Aldi sollte seine US-Erfolge nach Europa bringen

Es wirkt wie in den Anfangsjahren des Discounts in Deutschland: Während die etablierten Händler selbstzufrieden warten, dass die Kunden kommen, selbst wenn sie die Preise erhöhen, taucht Konkurrenz auf, die alles anders macht – und damit auch noch erfolgreich ist. Nur spielt das Ganze diesmal in den USA.
Aldi spielt dort seine Grundtugenden aus: günstige Eigenmarken, die der Markenware in der Qualität in nichts nachstehen. Eine schlichte Präsentation der Ware, häufig noch in den Kartons der Umverpackung. Ein Sortiment mit weniger als 2000 Produkten statt ein unübersichtliches Angebot von mehr als 20.000 Artikeln. Und eine effiziente Organisation mit deutlich niedrigeren Kosten als Walmart, Kroger’s und Co.
Genau so versucht nun auch Lidl, in den USA zu expandieren. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten treffen Discounter damit den Nerv der Verbraucher. Die sind nicht mehr bereit, viel Geld auszugeben, nur weil ein Produkt eine bekannte Marke trägt. Die wollen aber auch nicht nur billig, sondern ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Sosehr die deutschen Discounter nun in den USA profitieren und der etablierten Konkurrenz Marktanteile abnehmen, so sehr sollte sie dieser Erfolg zum Nachdenken bringen. Denn in ihren Stammmärkten in Europa haben sie genau diese Tugenden zu lange vernachlässigt.
Was unterscheidet einen Lidl oder einen Aldi in Deutschland noch von einem Rewe oder einem Edeka? Nicht mehr viel. Untersuchungen zeigen, dass die Regalpreise bei allen Händlern weitgehend identisch sind, nur bei den wechselnden Sonderangeboten versuchen sie, sich gegenseitig zu unterbieten. Noch pflegt gerade Aldi das Image als Preisführer. Doch immer mehr Kunden durchschauen, dass beim Discounter nicht automatisch alles billiger ist.
Was unterscheidet einen Discounter noch vom Supermarkt?
Auch bei der Präsentation kann man einen Discounter heute kaum noch vom Supermarkt unterscheiden, es wird frisch gebacken, geworben wird mit Markenartikeln. Und immer öfter liegen die Filialen in teuren Innenstadtlagen.
Doch den etablierten Händlern immer ähnlicher zu werden, ist kein Zukunftskonzept. Das Gegenteil kann eher zum Erfolg führen – wie das Beispiel USA zeigt.
Gefragt sind jetzt ganz neue Konzepte. Lidl beispielsweise ist mit seiner App, die Information, Rabatte und eine Bezahlfunktion bündelt, sicherlich auf dem richtigen Weg. Doch gerade bei der Verknüpfung der digitalen Möglichkeiten mit der Filiale ist noch viel Luft nach oben.
Erstaunlich auch, dass bei der Entwicklung neuer Filialformate ohne Personal der regionale Supermarktbetreiber Tegut mit seinem Konzept TEO führend ist. Erst wenn auch die Discounter wieder die Regeln brechen, statt die Etablierten zu kopieren, sichern sie ihre Zukunft.
Erstpublikation: 03.09.2025, 09:14 Uhr.