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UkraineAusgerechnet die Briten führen Europa aus dem Abseits

Aus dem abtrünnigen London kommt die erste konkrete Initiative für eine Friedenstruppe in der Ukraine. Bald wird sich auch Friedrich Merz in dieser Frage bekennen müssen. Ein Kommentar.Torsten Riecke 17.02.2025 - 16:21 Uhr
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Der britische Premierminister Keir Starmer will Großbritannien zur Brücke zwischen Europa und den USA machen. Foto: Henry Nicholls/PA Wire/dpa

Europa sucht nach Führung und Großbritannien geht voran. Das ist die nächste Überraschung, seitdem die Trump-Administration in Washington die transatlantischen Beziehungen vor eine Zerreißprobe gestellt hat.

Dass ausgerechnet die Brexit-Abtrünnigen aus London jetzt im verunsicherten Europa die militärische Führungsrolle übernehmen und sich als Erste bereit erklären, eine Friedenstruppe in die Ukraine zu entsenden, zeigt, dass nach der geopolitischen Zeitenwende nichts mehr unmöglich erscheint.

Ob der Vorstoß des britischen Premierministers Keir Starmer ein Brückenschlag über den Atlantik zu Donald Trump oder über den Ärmelkanal zu den europäischen Nachbarn ist, lässt sich jedoch noch nicht sagen.

Zwar spricht auch Starmer von einer „Brücke“, die das Königreich zwischen Washington und Europa sein möchte. Tatsächlich handelt es sich eher um einen politischen Spagat, der selbst den britischen Pragmatismus des Sowohl-als-auch überfordern könnte.

Großbritannien geht militärisch in Vorleistung

Für Europa ist es eine gute Nachricht, wenn Großbritannien militärisch in Vorleistung geht. Auch Paris und Berlin werden sich dem Druck, einen wie auch immer gearteten Frieden in der Ukraine mit eigenen Truppen zu sichern, kaum verweigern können.

Spätestens nach der Bundestagswahl am Sonntag wird sich der voraussichtliche Wahlsieger Friedrich Merz in dieser Frage bekennen müssen. Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der Union, hat bereits signalisiert, dass man den Briten folgen werde.

Allerdings steht Starmers Versprechen auf wackligen Füßen. Seine eigenen Militärs bezweifeln, dass die britischen Streitkräfte überhaupt in der Lage wären, Zehntausende Soldaten über Jahre hinweg in die Ukraine zu schicken.

Die Lage des Militärs in Großbritannien ist ähnlich trist wie in Deutschland: zu wenig Personal, zu wenig Geld, eine veraltete Ausrüstung. „Der Zustand der britischen Armee ist zum Weinen“, hat gerade General H. R. McMaster, der ehemalige Nationale Sicherheitsberater aus Trumps erster Amtszeit, festgestellt.

Großbritannien und die USA: Starmer dürfte besondere Beziehungen für sich nutzen

Wohl auch deshalb hat Starmer betont, dass Europa ohne die Rückendeckung der USA eine Aggression Putins nicht abschrecken kann. Es ist deshalb wichtig und richtig, wenn der britische Regierungschef bei seinem anstehenden Besuch in Washington jenen Goodwill bei Trump nutzt, den der US-Präsident offenbar für die besonderen Beziehungen zu Großbritannien und für Starmer empfindet.

Sollte es dem Briten gelingen, bei Trump mehr Verständnis für Europas Sicherheit zu wecken und vor allem mehr Zeit für die notwendige Aufrüstung des Kontinents herauszuschlagen, wäre das ein Dienst an Europa, der auch die gewünschte Wiederannäherung Großbritanniens an die EU befördern könnte.

Ob es Starmer allerdings gelingt, Großbritannien wie vor dem Brexit als Vermittler und Wanderer zwischen den USA und der EU zu positionieren, ist damit noch lange nicht ausgemacht. Dazu gleicht sein Kurs zu sehr einem politischen Slalomlauf: Im Streit über die Strafzölle ducken sich die Briten weg und hoffen auf einen „special deal“ mit Trump.

Beim KI-Gipfel in Paris war Großbritannien neben den USA das einzige Land, das die Abschlusserklärung nicht unterzeichnen wollte. Andererseits wird Trumps Schmusekurs gegenüber Putin im Königreich als „Appeasement“ kritisiert. Und anders als Trump sieht Starmer die Ukraine auf einem „unumkehrbaren Kurs in die Nato“.

Verwandte Themen Donald Trump Großbritannien Europa Ukraine USA Brexit

London akzeptiert sein geopolitisches Schicksal

Gut möglich also, dass Trump den britischen Sowohl-als-auch-Spagat testen und London zwingen wird, stärker Farbe zu bekennen. Starmers Versprechen, bei einer Friedenstruppe für die Ukraine voranzugehen, ist jedoch ein erster Fingerzeig, dass London zumindest in der Sicherheitspolitik sein geografisches Schicksal akzeptiert und europäisch denkt.

Mehr: Briten übernehmen Führungsrolle bei Verteidigung Europas

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