Morning Briefing: Die Liberalen können es noch – zumindest in den Niederlanden

Niederlande: Überraschung bei den Wahlen
Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,
zunächst sah es nach einem deutlichen Sieg der linksliberalen D66 bei der Parlamentswahl in den Niederlanden aus: deren Spitzenkandidat Rob Jetten hatte gestern Abend noch einen überraschend hohen Vorsprung.
Doch in der Nacht hat der rechtspopulistische Geert Wilders nach einer neuen Hochrechnung aufgeholt und liegt nun mit der D66 gleichauf. Beide Parteien könnten demnach auf je 26 der 150 Sitze im Parlament kommen. Die Hochrechnung des Wahldienstes der niederländischen Nachrichtenagentur ANP beruht auf rund 90 Prozent der ausgezählten Stimmen. Das vorläufige Endergebnis wird im Laufe des Tages erwartet.
Für Wilders ist das Ergebnis dennoch ein deutlicher Verlust im Vergleich zur Parlamentswahl von vor zwei Jahren: Damals hatte seine „Partei für die Freiheit“ 37 Sitze verbucht. Die linksliberale D66 gilt weiter als großer Gewinner der Wahl mit einem Plus von 17 Mandaten gegenüber 2023.
Ihrem Spitzenkandidaten, dem 38 Jahre alten Jetten, werden weiterhin die besten Chancen eingeräumt, eine Koalition zu bilden. Denn alle großen Parteien haben eine Zusammenarbeit mit Wilders ausgeschlossen.

Strafgerichtshof mustert Microsoft aus
Es ist eine Entscheidung mit politischer Brisanz: Aus Angst vor Repressalien durch US-Präsident Donald Trump plant der Internationale Strafgerichtshof (IStGH), sich von Technologien aus den USA unabhängig zu machen. Nach Informationen von Handelsblatt-Reporter Christof Kerkmann ersetzt die internationale Institution im niederländischen Den Haag deshalb die Arbeitsplatz-Software von Microsoft durch die deutsche Lösung Open Desk.
Das Programmpaket, das Microsoft ablösen soll, stammt vom Zentrum für Digitale Souveränität (Zendis), einer Firma im Besitz des Bundes. Ihr Auftrag ist es, die digitale Unabhängigkeit der öffentlichen Verwaltung zu stärken, indem sie „kritische Abhängigkeiten von einzelnen Technologieanbietern“ auflöst. Genau das soll hier geschehen.
Konkreter Hintergrund der Entscheidung des Strafgerichtshofs mit seinen rund 1800 Arbeitsplätzen sind Sanktionen der US-Regierung gegen hochrangige IStGH-Vertreter, darunter Chefankläger Karim Khan. Medienberichten zufolge prüft Washington weitere Strafmaßnahmen gegen die gesamte Institution, was deren Arbeitsfähigkeit erheblich einschränken könnte. Deshalb sollen Anklage und Verteidigung in Zukunft nicht mehr in Word geschrieben werden.

Fed senkt erneut Zinsen – aber wie oft noch?
Aus Sorge vor steigender Arbeitslosigkeit senkt die US-Notenbank zum zweiten Mal in diesem Jahr den Leitzins. Sie reduzierte das Zinsniveau um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 3,75 bis 4,0 Prozent, wie der Zentralbankrat der Federal Reserve (Fed) am Mittwoch in Washington mitteilte. Eine breite Mehrheit von Volkswirten hatte diesen Schritt erwartet.
Zwar war die US-Inflation im September auf 3,0 Prozent gestiegen und liegt damit deutlich über dem mittelfristigen Inflationsziel der Fed von zwei Prozent. Das sprach an sich gegen eine Zinssenkung. Allerdings hatten Experten einen noch stärkeren Zuwachs befürchtet, sodass die Sorgen um den US-Arbeitsmarkt beim Zentralbankrat wohl schwerer wogen.
Die Notenbanker standen diesmal vor einer besonderen Herausforderung. Wegen des Shutdowns der US-Regierung werden von staatlicher Seite keine makroökonomischen Daten veröffentlicht. Ausnahme war der Inflationsbericht für den September. Diese anhaltende Unsicherheit sei auch ein Grund dafür, dass die Fed im Dezember erneut eine Zinspause einlegen könnte, so Fed-Chef Jerome Powell:
Er betonte jedoch, dass sich die Fed derzeit noch nicht entschieden habe, wie sie bei ihrem Treffen im Dezember vorgehen werde.
Börsen reagieren negativ auf Powells Ausblick
Die drei wichtigsten US-Aktienindizes büßten nach der vagen Rede des Fed-Chefs ihre Tagesgewinne größtenteils ein. Zuvor hatten sie in den ersten Handelsstunden noch Rekordwerte erzielt. Am Ende schloss der breit gefasste S&P 500 kaum verändert. Der technologielastige Nasdaq rückte 0,6 Prozent vor. Der US-Standardwerteindex Dow Jones verlor 0,2 Prozent.

Microsoft mit Cloud-Problemen...
Nur eine Woche nach einem breiten Ausfall bei Amazons Cloud-Anbieter Amazon Web Services (AWS) kämpfte gestern auch Microsoft mit Schwierigkeiten bei seiner Datencloud Azure. Bereits seit den frühen Morgenstunden US-amerikanischer Zeit berichteten Nutzer von Problemen bei Microsoft-Anwendungen. Betroffen waren auch zahlreiche Websites von Drittanbietern, die Server von Microsoft Azure nutzen. Auch die Homepage des Handelsblatts war über mehrere Stunden nur teilweise erreichbar.
... aber soliden Zahlen
Der Ausfall passierte nur wenige Stunden bevor Microsoft und zwei andere US-Tech-Riesen gestern Abend ihre Zahlen für das dritte Quartal vorlegten:

Louvre-Verdächtige gestehen
Zwei nach dem Juwelenraub im Pariser Louvre festgenommene Verdächtige haben ihre Beteiligung an der Tat teilweise eingeräumt. Dies teilte die Pariser Staatsanwältin Laure Beccuau am Mittwoch mit. Nach den gestohlenen Juwelen werde weiter gesucht.
Am 19. Oktober hatten vier vermummte Täter acht Schmuckstücke im Wert von schätzungsweise 102 Millionen Dollar aus der Sammlung des Pariser Museums gestohlen – und für ihren geschmeidigen Coup überraschend viel öffentliche Anerkennung geerntet.
Ich wünsche Ihnen einen Donnerstag, an dem sich alles wiederfindet.





Herzliche Grüße,
Ihr
Christian Rickens





