Flüchtlingskatastrophe: Hunderte Flüchtlinge sollen im Mittelmeer ertrunken sein
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FlüchtlingskatastropheHunderte Flüchtlinge sollen im Mittelmeer ertrunken sein
Im Mittelmeer sind offenbar hunderte Flüchtlinge ums Leben gekommen. Die Menschen sollen in Ägypten aufgebrochen sein, um über das Meer nach Europa zu gelangen. Über Umstände und Opferzahlen herrscht noch Unklarheit.
18.04.2016Update: 19.04.2016 - 06:33 Uhr
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Flüchtlinge auf dem Mittelmeer
Mit Flüchtlingsbooten wie diesen versuchen verzweifelte Menschen über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen.
Luxemburg/Rom/Kairo Bei einer erneuten Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer sind möglicherweise hunderte Menschen ums Leben gekommen. „Es ist sicher, dass wir es genau ein Jahr nach der Tragödie in libyschen Gewässern wieder mit einer Tragödie zu tun haben“, sagte Italiens Außenminister Paolo Gentiloni am Montag am Rande eines EU-Ministertreffens in Luxemburg.
Der somalische Regierungssprecher Abdisalan Aato sagte der dpa in der Hauptstadt Mogadischu, auf den verunglückten Booten seien rund 500 Migranten gewesen. „Unseren Informationen zufolge sind viele Somalis in dieser Tragödie ums Leben gekommen.“
Auch der somalische Staatspräsident Hassan Sheik Mohamud erklärte, viele der Menschen an Bord seien nach Berichten bei dem Unglück umgekommen. Italiens Präsident Sergio Mattarella sprach in Rom von einer „weiteren Tragödie im Mittelmeer“, nannte aber keine Details.
Wo exakt sich die Katastrophe ereignet haben soll und ob ein oder mehrere Boote betroffen waren, blieb allerdings zunächst ebenso unklar wie die genaue Zahl der Opfer. Auch zu den Umständen des Unglücks gab es keine präzisen Angaben.
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Was treibt Flüchtlinge nach Europa?
Die Syrer stellen die größte Gruppe; 2014 kamen nach Angaben der Grenzschutzagentur Frontex 66 700. Millionen Syrer sind auf der Flucht vor einem extrem brutal ausgetragenen Religions- und Bürgerkrieg; viele sind Flüchtlinge im eigenen Land oder gingen in die Türkei und den Libanon.
Das Land am Horn von Afrika gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Präsident Isaias Afwerki regiert seit 1993 mit eiserner Faust. Oppositionelle werden ermordet oder inhaftiert. Viele junge Menschen fliehen vor dem Militärdienst. Laut Frontex nahmen 2014 rund 34 300 Menschen aus Eritrea das Risiko einer Überfahrt auf sich.
Nach vielen Jahren Bürgerkriegs liegen Infrastruktur und Wirtschaft des Vielvölkerstaats am Boden. Industrie gibt es kaum. Dafür floriert der Drogenhandel und die Taliban sind unbesiegt. Viele Afghanen sehen daher keine Zukunft in ihrer Heimat.
Die 16 Millionen Einwohner des armen Wüstenstaates kämpfen um das tägliche Überleben. Nach einem Militärputsch hatten Islamisten 2012 den Norden erobert und waren erst von einer internationalen Truppe zurückgeworfen worden. Die Sicherheitslage bleibt prekär und die Korruption hemmt die Entwicklung.
Die islamistische Terrorgruppe Boko Haram hat in Teilen des Nordostens einen Gottesstaat ausgerufen. Ihre Angriffe kosteten Tausende das Leben. 1,5 Millionen Menschen flohen vor der Miliz in andere Landesteile oder ins Ausland. Mehr als die Hälfte der Einwohner des potenziell reichen Landes lebt in extremer Armut.
Die verunglückten Menschen waren nach Angaben des italienischen Außenministers in Ägypten aufgebrochen. Somalische Behörden erklärten, der Funkkontakt sei einen Tag nach dem Verlassen Ägyptens abgebrochen.
Zahlreiche Behörden versuchten am Montag, mehr Informationen zu dem Vorfall zusammenzutragen. Allerdings konnten weder das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR noch die Internationale Organisation für Migration (IOM) oder die italienische Küstenwache den Schiffbruch bestätigen.
Auch Frontex-Sprecherin Izabella Cooper konnte keine Angaben zu dem Vorfall machen. Die EU-Grenzschutzagentur sei nicht beteiligt gewesen und habe weder Zahlen noch eine offizielle Bestätigung. Ansprechpartner seien die ägyptischen Behörden. Armeesprecher, Brigadegeneral Mohammed Samir, sagte, den ägyptischen Behörden lägen keinerlei Informationen über ein angebliches Schiffwrack vor.
Der somalische Regierungssprecher Aato sagte, ungefähr 200 der Bootsinsassen stammten aus Somalia und der autonomen Region Somaliland. Der Präsident Somalilands, Ahmed Mohamed Mohamud Silanyo, betonte in einer Mitteilung: „Dieser Unfall, bei dem viele unserer jungen Männer Berichten zufolge ums Leben kamen, hat uns sehr schockiert.“ Nach lokalen Medienberichten überlebten nur 23 Migranten das Unglück.
Tausende Flüchtlinge verunglücken im Mittelmeer
Der arabische Dienst des britischen Senders BBC hatte zuvor unter Berufung auf nicht näher genannte ägyptische Berichte gemeldet, bei der Katastrophe seien mehr als 400 Flüchtlinge ertrunken, die meisten von ihnen Somalier. Insgesamt seien vier Boote im Mittelmeer gesunken. Die somalische Botschaft in Kairo konnte die Nachricht auf Anfrage zunächst nicht bestätigen.
Zugleich gab es Berichte über ein weiteres Bootsunglück. Auf einem im Mittelmeer unweit der libyschen Küste in Seenot geratenen Flüchtlingsboot fanden italienische Rettungskräfte sechs Leichen. 108 weitere Migranten seien gerettet und von einem Schiff aufgenommen worden, nachdem sie zuvor einen Notruf abgesetzt hatten, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa am Montag. Mitte April vergangenen Jahres war vor der libyschen Küste ein Flüchtlingsboot mit vermutlich mehr als 700 Menschen an Bord gekentert.
Hat sich wirklich ein erneutes Bootsunglück ereignet?