Hilfen für Wirtschaft EU-Kommission gibt Regierungen „volle Flexibilität“ in der Coronakrise
Brüssel

Die Wettbewerbskommissarin und die Kommissionspräsidentin erläutern die Maßnahmen, um die Mitgliedsstaaten zu entlasten.
Es ist die Zeit der großen Kaliber: Nach der Bundesregierung hat auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen versichert, sie sei zu weitreichenden Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft bereit. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten müssten nun „entschlossen und mutig handeln“, sagte sie am Freitag.
Da die finanziellen Mittel der EU-Haushalts überschaubar sind, bedeutet das aus Sicht der Kommission vor allem: den EU-Staaten viel Spielraum zu geben, um die Folgen der teils weitreichenden Stilllegung des öffentlichen Lebens abzufedern. Sprich: ihnen „maximale Flexibilität“ im Rahmen der EU-Regeln für Verschuldung und Staatsbeihilfen zu geben, so von der Leyen.
Zum jetzigen Zeitpunkt bedeutet das, dass sie sich auf die Sonderklausel im Stabilitäts- und Wachstumspakt berufen können. Diese erlaubt den Regierungen „bei einem außergewöhnlichen Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht“, zielgerichtete Mehrausgaben.
In der jetzigen Situation dürften die Länder also mehr Geld für die Gesundheitsversorgung bereitstellen, so Kommissionsvize Valdis Dombrovskis, und von der Krise betroffene Unternehmen oder Arbeitnehmer und Selbständige unterstützen. Als Beispiele nannte er Sektoren wie Verkehr, Tourismus, Handel oder Veranstaltungsmanagement.
Beihilfen wie in der Finanzkrise 2008
Sollte sich die wirtschaftliche Lage dramatisch zuspitzen, könnte die Kommission im Einvernehmen mit den EU-Finanzministern auch die Fiskalregeln aussetzen. Im Falle einer schweren Wirtschaftskrise sei die Kommission bereit, dadurch den Raum für noch mehr fiskalische Unterstützung der Konjunktur zu schaffen, so Dombrovskis.
Die Behörde befürchtet selbst, dass die Epidemie die europäische Wirtschaft hart treffen wird: Sollte das Virus alle Mitgliedsstaaten so hart treffen wie Italien, könnte die Wirtschaftsleistung in der EU in diesem Jahr um ein Prozent schrumpfen, so die Behörde in einer Mitteilung. Bislang war sie von einem Wachstum von 1,4 Prozent ausgegangen. 2021 werde sich die Konjunktur voraussichtlich von dem Schock erholen, aber nicht vollständig.
Viel Spielraum will die Kommission den Regierungen aber nicht nur dabei geben, wie viel Geld sie ausgeben, sondern auch wofür. Unter normalen Umständen achtet die Behörde als Hüterin des Wettbewerbs im europäischen Binnenmarkt sehr streng darüber, dass die Mitgliedsstaaten ihren heimischen Unternehmen nicht durch Subventionen unfaire Vorteile verschaffen.
Die Regeln für staatliche Beihilfen dürften nun vorübergehend gelockert werden. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kündigte an, wie in der Finanzkrise 2008 einen temporären Beihilferahmen zu erarbeiten, wenn dies nötig werde – wofür vieles spricht. Dieser legt neu fest, in welchen Bereichen und unter welchen Umständen Staatshilfen erlaubt sind.
Zudem versprach Vestager, entsprechende Beihilfen schnell zu prüfen. Am Donnerstag hatte die Behörde bereits die tags zuvor angemeldete Hilfe der dänischen Regierung genehmigt, die von Absagen betroffene Organisatoren von Großveranstaltungen mit umgerechnet zwölf Millionen Euro entschädigen will.
„Sind bereit, noch mehr zu tun“
Daneben will die Kommission auch Gelder aus dem EU-Budget mobilisieren. Die Mitgliedsstaaten sollen acht Milliarden Euro aus den Brüsseler Strukturfonds zur Bekämpfung der Krise verwenden dürfen, die sie sonst in den EU-Haushalt hätten zurückzahlen müssen. Auf diesem Weg sollen Investitionen in Höhe von weiteren 28 Milliarden Euro ermöglicht werden, wenn Regierungen und Europaparlament mitziehen.
All das ergebe ein umfassendes Paket zur Stützung der Wirtschaft, betonte von der Leyen. „Aber wir sind bereit, noch mehr zu tun, wenn die Situation dies erfordert.“
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