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Libanon Der libanesische Pfund befindet sich im freien Fall

Die Wirtschafts- und Finanzkrise ist außer Kontrolle geraten. Die Hisbollah droht mit einem Flüchtlingsstrom, sollte Europa kein Geld überweisen. Inzwischen floriert der Tauschhandel.
07.07.2020 - 19:51 Uhr Kommentieren
Im Libanon droht eine Hyperinflation. Der Staat hat so heruntergewirtschaftet, dass er seinen Soldaten sogar das Fleisch vom Menüplan gestrichen hat. Quelle: obs
Die wachsende Zahl urbaner Flüchtlinge bringt Städte im Libanon an ihre Belastungsgrenze

Im Libanon droht eine Hyperinflation. Der Staat hat so heruntergewirtschaftet, dass er seinen Soldaten sogar das Fleisch vom Menüplan gestrichen hat.

(Foto: obs)

Tel Aviv Libanons Wirtschafts- und Finanzkrise gerät zunehmend außer Kontrolle. Die Währung verliert rasant an Wert, die Preise steigen täglich, Jobs werden rar, Geschäfte müssen schließen. „Dem Land droht die Verelendung“, warnt ein libanesischer Politologe.

Es werde zu einem Braindrain kommen, einer Abwanderung der Fachkräfte ins Ausland, meint der Beiruter Anwalt Fouad Debs gegenüber dem Handelsblatt. Debs bearbeitet Gesuche von Emigranten. Die meisten würden nach Kanada oder in die USA übersiedeln wollen. Europa als neue Heimat werde lediglich für zehn Prozent der Auswanderer attraktiv sein, schätzt Debs.

Doch es könnten auch mehr sein. Falls die Europäer kein Geld überweisen, drohte nämlich neulich ein Parlamentarier der Hisbollah, Mohammad Raed, würde sein Land Europa mit den syrischen Flüchtlingen „überschwemmen“, die derzeit im Libanon sind.

Die Hisbollah kontrolliert mit ihren Milizen den Staat und die Politik. Der Zusammenbruch der Wirtschaft hat sich in den vergangenen Monaten beschleunigt. Allein im Juni hat das libanesische Pfund auf dem Schwarzmarkt 60 Prozent seines Außenwerts verloren. Es droht eine Hyperinflation.

Der Staat hat so heruntergewirtschaftet, dass er seinen Soldaten das Fleisch vom Menüplan gestrichen hat. Die Proteste gegen die Korruption der politischen Elite und deren Missmanagement hatten bereits im Oktober begonnen.

Im März sah sich das Land erstmals nicht in der Lage, seine fälligen Auslandsschulden zurückzuzahlen. Ein Hilferuf an den Internationalen Währungsfonds (IWF) fand in Washington zwar Gehör. Doch Anfang Juli wurden die Gespräche mit dem IWF sistiert. Bevor dieser dem Land unter die Arme greifen werde, verlange er Reformen.

Zudem müssten sich die Libanesen darüber klar werden, wie sie die entstandenen Verluste berechnen und aufteilen wollten. Wie schwierig eine Einigung sein kann, zeigte Ende Juni der Rücktritt von Alain Bifani, der das Finanzministerium 20 Jahre lang geleitet hatte. Von Bifani stammte der Plan, von den Geberländern zehn Milliarden Dollar zu erhalten.

Libanesisches Pfund zerfällt

Er warf der Elite des Landes vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen, und bezeichnete sie als „Kräfte der Dunkelheit und der Ungerechtigkeit“. Wenige Tage zuvor war Henri Chaoul, ein weiteres Mitglied des IWF-Teams, zurückgetreten. Als Gründe für seinen Rücktritt nannte er den „fehlenden politischen Willen“, die Reformen umzusetzen und den Bankensektor zu restrukturieren.

Seit Jahren ist das dem Libanon nicht gelungen. Bisher hatten ausländische Regierungen, einschließlich der USA, ein Auge zugedrückt und trotzdem Gelder überwiesen. Doch jetzt ist es mit der Geduld der Geberländer augenscheinlich vorbei. Nur Katar und Kuwait sind angeblich noch bereit, dem Land mit beschränkten Überweisungen kurzfristig beizustehen. Diese sind aber zu gering, um die Finanzkrise zu beenden.

Da der Libanon praktisch vollständig auf Importe angewiesen ist, reduziert der Zerfall des Pfundes die Kaufkraft der Bürger dramatisch. So haben sich Nahrungsmittelpreise im Mai fast verdoppelt, wenn man sie mit denen des Vorjahres vergleicht.

Dieser Trend könnte sich im Juni sogar noch beschleunigt haben. Denn die Landeswährung, das libanesische Pfund, befindet sich im freien Fall. Falls der Trend anhalte, warnte Bifani nach seinem Rücktritt, würden Millionen Menschen im Libanon von Armut bedroht sein.

Einige Familien sind bereits so verzweifelt, berichten Nachrichtenagenturen, dass die Tauschwirtschaft auf Facebook eine Renaissance erlebt. Schuhe oder Glaswaren gegen Windeln oder Babymilch lautete in diesen Tagen ein Angebot auf der Plattform.

Mehr: Soziales Engagement zahlt sich auch an der Börse aus.

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